Ein Ferrari und die Abkürzung »F60.8« – das sind Cover und Titel des neuen Mixtapes von Tua. Weniger als ein Jahr nach seinem 2024er Album »Eden« ist dieses im Februar 2025 auf Eklat Tonträger erschienen – für Tua ein sehr kurzer Abstand zwischen Releases. Aber was will »F60.8« überhaupt aussagen? Ist es das Modell des Ferraris auf dem Cover? Nein, nach kurzer Recherche wird klar, »F60.8« steht für die Klassifikation einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Schon 2016 erschien die EP »Narziss«, ein Thema, das also nicht von ungefähr kommt. Wirkte das Ganze damals noch künstlerischer, merkt man auf »F60.8« schnell, dass hier vollkommen andere Grenzen ausgelotet werden. Bereits im Intro »1996« wird die Metapher von Ikarus bemüht – ein Fantasieprodukt, mit dem man dem Druck entflieht. Weiter geht es mit »Wiedersehen«, auf dem der Abschied aus dem Dorf nach Ibiza thematisiert wird – am Ende bleibt nur das Dorfgespräch, denn der Dieb ist selig auf dem Weg zur Partyinsel. Musikalisch dominiert in den ersten Tracks elektronischer Sound, wie man ihn wohl von den Clubs auf Ibiza erwarten würde, nur eben mit Tuas Handschrift. Inhaltlich geht es um Drogen, Frauen und das schnelle Leben – mit sich selbst im Mittelpunkt. Es gibt kein Morgen, nur das Jetzt, und wenn das nicht reicht, wird übertrieben und getäuscht. Am Ende ist es wichtig, dass der Protagonist sein Ziel erreicht. Und so wird auf »GluiV« das Leben auf Koks zelebriert, nur um anschließend auf »Dachterrasse« langsam den Absturz vorzubereiten. Wie für Ikarus kommt mit der Zeit der Hochmut, doch vor dem Fall wird noch einmal ausgebeutet und manipuliert: »Für mich« und »Rette mich nicht« üben emotionalen Missbrauch am anderen Geschlecht, bevor es auf »Leicht« endgültig bergab geht. »Dopamin Spike« markiert den unausweichlichen Kontrollverlust und auf dem vorletzten Track »Amnesia« kommt es dann auch noch zu körperlicher Gewalt. »Kaputt« endet das Album schließlich vorhersehbar in einem Sumpf aus Selbstmitleid, die Schuld wird pseudomäßig bei sich selbst gesehen, aber dem Narzissten ist klar, mit der nächsten Bekanntschaft wird sich das gleiche Spiel wiederholen. Und so startet das Album wieder am Anfang, der Protagonist bleibt unreflektiert und das ganze Spiel beginnt von vorne. Am Ende fragt man sich, ist das »F60.8« oder doch einfach nur toxische Männlichkeit mit poppigem Sound? Passend zum Release ist Tua aktuell auf »Eden«-Tour – am 17. Februar auch im Wiener Flex Café – und wird dabei wohl nicht nur Tracks vom gleichnamigen Album zum Besten geben. Das Publikum wird es – egal in welchem Zustand – feiern.

Tua
»F60.8«
Eklat Tonträger

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