»Chico ventana también quisiera tener un submarino«, das heißt »Window Boy Would Also Like to Have a Submarine« und beschreibt zumindest ein gutes Drittel des Films von Piperno. Da nämlich sind es drei Welten mit ihren Protagonist*innen, die irgendwie irgendetwas wollen. Hauptprotagonist ist der Fensterjunge, der sich auf einem Kreuzfahrtschiff befindet und an Patagonien vorbeischippert. Wenig Lust hat er, seine Arbeit zu verrichten, er ist verträumt und scheint recht einsam. Eines Tages findet er im Schiffsbauch eine geheime Tür, die in das Badezimmer einer mittelständischen Frau führt, irgendwo in Südamerika. Dort duscht er sich erstmal. Nun, warum auch nicht.
Zur selben Zeit taucht in einer Waldsiedlung irgendwo auf den Philippinen eine seltsame Betonhütte auf. Männer mit Stirnlampen und Flip-Flops laufen nachts durch einen Wald, es regnet in Strömen. Ein tiefes Grün herrscht vor, das später von schimmerndem Wasserblau abgelöst wird, wie man es von Derek Jarmans »Blue« vielleicht kennt. Zwischendurch: ein Grau-Braun. Die Farben tun ihren Job, durchziehen den Film wie ein Thema. Die Dorfbewohner bekommen also Angst vor der Hütte und versuchen alles Mögliche (Opferrituale z. B.), um sie loszuwerden. Vergeblich. Sie brummt und vibriert. Irgendwann steigt ein Neugieriger in sie hinein und befindet sich im Schiffskeller, der etwas Zwischenweltliches, Traumhaftes, Schwellenartiges hat wie die roten Räume David Lynchs. Zur selben Zeit kommen sich der Schiffsjunge und die junge Frau, die in dem Appartement wohnt, langsam näher. Lebensformen treffen aufeinander. Irgendwann wird der Traum zerschlagen.
Alles ist irgendwie verbunden, das wird deutlich. Doch die Möglichkeiten, die Schwellen bieten, erzeugen nicht nur ängstliche Neugier, wie bei der der Frau, sondern auch aggressive Abneigung, wie bei den Männern im Wald. Die jeweiligen Motive jedoch sind nur zu erahnen. Die Einsamkeit des Schiffsjungen und der Frau jedoch bringt sie zueinander, lässt sie Ängste überwinden. Piperno schafft mit »Chico ventana también quisiera tener un submarino« ein schönes Langspielfilmdebüt, das genug Fragen stellt, um Spannung zu erzeugen, und genug unbeantwortet lässt, um sie nachwirken zu lassen. Es ist ein Film voller Leerstellen, doch diese Leerstellen machen, dass man sich als Zuschauer*in so zu ihm hingezogen fühlt und sich in ihm wiederfindet.
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