Tortoise sind ein Puls. Konstant. Antreibend. Ein Doppelpuls. Denn eigentlich wie mit dem Strang einer Parallele im Inneren. Immer wieder doppelt eingesetzt die Instrumente. Die Slideshow an der Bühnenrückwand symmetrisch. Ein größeres Bild in der Mitte, zwei jeweils seitlich. Tortoise, ein Klassiker. Sphärische Gitarren-Akkorde aus diversem Jazz, stark aus Fusion, leider einerseits – aber doch bestens funktionierend, auch mit jazzigen Marimbas, Leichtigkeit von Dub-Feeling, treibend Bass und Schlagzeug trockener Härte. Es ist collagen-, schichtartig, repetetiv Instrumentales. Seit den Anfängen Post-Rock genannt. Tortoise sind freischwebend. Hat man in vergangenen Jahren verstärkt den Sound New Yorker Bands gehört, Neo-Postrock sozusagen. Noise mit Strukturalismus, Minimalismus, mit dem sich leicht Düsternis, Abgrund assoziieren lässt. Namens Battles, Black Dice. So ist Tortoise aus Chicago verglichen damit souveräne Leichtigkeit, coole Helligkeit. Da Tortoise über ein halbes Jahrzehnt kein neues Instrumentalbum mehr veröffentlichten, hat man verstärkt New Yorker Bands gehört. Oder auch Wolf Eyes mit Bezug zu Michigan, Detroit, New York. Tortoise beziehen sich im letzten Teil des Sets auf einmal wie explizit auf die härtere New Yorker Szene. Die Slides zeigen dabei leuchtendrote, wirre aber geometrische Architekturmetallverstrebungen. Das Ganze nur wie eine vorübergehende Andeutung. Bei den Zugaben aber greifen sie dieses Begonnene fast hardcoremäßig noch mal ausgiebig auf, wie man es von ihnen vorher kaum hörte. Tortoise können abgründige Tiefe und Härte haben, statt Fusion, Free Jazz nahe sein. Doch sind sie bewusst hauptsächlich von einer betonten Leichtigkeit. Nicht wirklich Oberflächlichkeit. Aber frei von jedem Ballast. Tortoise zeigen Bilder. Slides mit Mustern, Porträts, Architektur und Natur. Viel Design. Und auch Kunst. So ist auch ihre Musik. Wie Design. Doch immer wieder auch Kunst. Tortoise starten und beenden die Show mit Tracks aus ihrer neuen CD »Beacons Of Ancestorship«. Und gehen während des Sets zwischen neuem Material in ihre Werkgeschichte. Tortoise sind wie ein Flug. Man hat ein Ticket, steigt an einem Ort ein, an einem anderen Ort aus. Der Set im Ampère ist ein knapp Zweistundenflug.
Unterstütze uns mit deiner Spende
skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an den Empfänger: Verein zur Förderung von Subkultur, Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria. Vielen Dank!
Ähnliche Beiträge
Confusionjazz beim Unlimited 39
Music Unlimited, vom 8. bis 10. November 2025 im Schlachthof Wels, war für Musikbegeisterte wieder eine Reise wert: feine Konzerte, gute Stimmung – leider in diesem Jahr ohne das berühmte jährlich wechselnde Bühnenbild. Wir haben die Eindrücke vom Samstagabend für alle Ferngebliebenen festgehalten.
Panic on the streets of Vienna
Am 2. November trat der ehemalige The-Smiths-Gitarrist Johnny Marr in der SimmCity in Wien auf. Die Rock-Legende aus Manchester nahm uns mit auf eine bezaubernde Reise mit Nostalgie, Neuheiten und einer Menge Charme.
Menschen, die auf Ziegen starren …
… und dabei tanzen: Die schwedische Band Goat gastierte am 27. August 2025 erstmals in Österreich. Zum Grand Finale standen sie schließlich gemeinsam mit einer der Vorgruppen, Graveyard, auf der Bühne – eine Nachbesprechung.
Jonestown jingle jangle
Seit über 30 Jahren führt Anton Newcombe seine metamorphe Band The Brian Jonestown Massacre an. Auf 20 Studioalben, 14 EPs und etliche internationale Tourneen folgt 2025 eine weitere Tour durch Europa und Großbritannien. Am 5. Mai machten sie Halt in der Arena Wien.
»Nimm deine Beine in die Hand«
Beim Solidaritätskonzert »United for Ukraine« am 21. Februar 2025 freuten sich Tausende Ukrainer*innen über Acts wie Zlata Ognevich und Lemo, die zu ihren Ehren auftraten. Das Konzert wurde im ukrainischen Fernsehen übertragen. Ein Ausflug in die Marx Halle mit der Ukrainerin Anna und ihren Kindern.
Lärm, Leidenschaft und ein bisschen Rotwein
Bei Konzerten des englischen Düster-Punk-Quintetts Ditz bleibt einem die Luft weg – so auch am Abend des 19. Februar 2025 im Wiener Rhiz.
Viben mit Babyjoy im B72
Zwei Fledermäuse, ein Konzert: Wir waren für/mit euch live bei der »Berlin ist nicht Venedig«-Tour von Babyjoy am Samstag, dem 18. Jänner 2025 im B72.
Lieder einer Ausstellung
Am Freitag, dem 17. Jänner 2025 gastierte Soap&Skin im Wiener Konzerthaus – mit einer Werkschau von Anja Plaschgs Schaffen der letzten rd. 15 Jahre, die sich vor allem auf Cover-Versionen von ihrem 2024er-Album »Torso« stützt.
Limited beim Music Unlimited
Beim Welser Improv-Festival waren von 8. bis 10. November 2024 wieder Kapazunder der Jazz-Szene zu Gast. Ein Rückblick mit Nachschlag aus Wien.
Outernational Sounds
Rückblick auf Ausgabe Numero 2 des somit fest etablierten Positive Futures Festivals (PFF), das von 20. September bis 26. Oktober 2024 in Innsbruck über diverse Bühnen ging. Mit empathischer, couragierter Zuversicht und Global Music trotzen Martin Bleicher und sein Team den multiplen Weltkrisen.
Zwischen den Welten – das Waves Vienna 2024
Am Wochenende von 5. bis 7. September fand in Wien das diesjährige Waves Festival statt. Neben der Waves Conference wurden zahlreiche Clubs am Gürtel zur Bühne für Musiker*innen aus verschiedenen Ländern.
Einstürzende Neubauten: alien pop music 2024
Mal sehen, ob die Altbauten noch stehen … Wir waren beim Open Air der Kultband am Donnerstag, dem 5. September 2024 in der Arena Wien mit dabei.











