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Stilluppsteypa

»Schokolino Choco Loco«

Futura Resistenza

Die isländische Formation Stilluppsteypa hat schon einiges auf dem Kerbholz, erste Veröffentlichungen liegen 30 Jahre zurück. Trotzdem ist die Gruppe eine eher geisterhafte Erscheinung. Tonträger weisen oft die Ursprünge der jeweils präsentierten Musik als über Jahre hinweg zusammengekratzt aus. Ich nehme an, der hybride Charakter der Musik ist den unterschiedlichen Lebensmittelpunkten der einzelnen Mitglieder geschuldet, die nicht alle in Island leben und sich gegenseitig mit digitalen Dateien von aufgenommenen Klängen versorgen. Nach und nach entsteht so irgendwann, irgendwie eine Sequenz von musikalischen Collagen, die auf Nachfrage hin zur Veröffentlichung herausgegeben werden. Ich weiß nicht, ob das tatsächlich die Arbeitsweise von Stilluppsteypa ist, aber so stelle ich mir das vor. Die experimentell-elektronischen Bastelarbeiten auf »Schokolino Choco Loco« strahlen jedenfalls eine angenehm unaufgeregte Nach-Feierabend-Atmosphäre aus. Musik, zusammengeschraubt in Momenten der Ruhe, jenseits der Hektik des Alltags und ohne die Notwendigkeit, damit unnötig auffallen zu müssen. Das ist auch ein bisschen schade, weil wer bekommt es mit, wenn in Heimarbeit detailverliebte Klangteppiche zusammengeklöppelt werden, die anschließend in wenig beleuchteten Nischen verlegt werden? Dabei können sich an »Schokolino Choco Loco« alle freuen, die ein Herz für versponnen-verspielte elektronische Musik haben, die mich an historische Vorgänger wie Kluster, Faust, Conrad Schnitzler oder Dieter Möbius denken lässt. Auch kommen mir randständige französische Elektroniker wie Pascal Comelade, Jean-Louis Rizet und Philippe Besombes in den Sinn, oder – um etwas zeitgenössischer zu werden – autodidaktische Querköpfe wie Graham Lambkin. Musik also, die einerseits einen sehr starken individuellen Charakter aufweist, andererseits deshalb aber nicht unzugänglich oder gar hermetisch verriegelt ist. Im Gegenteil bzw. wie erwähnt, eigentlich schade, wenn von den überwiegend sanft vor sich hinschaukelnden und freundlich wackelnden musikalischen Miniaturen nur wenige Kenntnis nehmen würden. Wer sich seinen Alltag gerne mit verspult-krautiger Elektronik versüßen möchte, sollte mal »Schokolino Choco Loco« probieren.

Home / Rezensionen

Text
Holger Adam

Veröffentlichung
26.06.2025

Schlagwörter

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