Knapp vier Minuten dauert es, bis aus Rauschen und Flüstern heraus der Klang einer akustischen Gitarre vernehmbar wird, und mit dieser geduldigen Herangehensweise ist das ästhetische Programm von »Ein Hase, ein Phönix, ein Schwan« im Prinzip benannt. Die Eile hat der Teufel erfunden, und Sebastian Bischoff lässt sich nicht hetzen. Als Son of Buzzi veröffentlicht er sein neues Album bei Shrimper Records, CD only. Nebenberufliche Vollzeit-Gen-X-Slacker unter sich, party like it’s 1991! Andererseits ist es bei den steigenden Preisen für Vinyl-Tonträger nur naheliegend, wieder auf CD zu veröffentlichen – dem Medium der Zukunft! Aber wir kommen vom Hölzchen aufs Stöckchen bzw. gänzlich vom Thema ab. Wobei, so viel Zeit muss sein. Das Musikmachen ist ja eine sogenannte Zeitkunst. Akustische Ereignisse werden nach bestimmten Gestaltungsprinzipien und Ideen entwickelt, organisiert und präsentiert, und das Hören und Erleben von Musik verläuft ebenso im Zeitfluss; idealerweise frei von Hektik. Der Eindruck einer gewissen Gemütlichkeit soll sich auch schon in der Form dieser Besprechung, die nicht zum Punkt kommt, zeigen, denn »Ein Hase, ein Phönix, ein Schwan« entwickelt sich ebenfalls zunächst langsam und vermittelt dann, über die Dauer von etwas mehr als 40 Minuten, ein atmosphärisch intensives und facettenreiches Klangerlebnis, das stilistisch zwischen Fingerstyle-Guitar und experimenteller elektronischer Musik oszilliert. Vom Ergebnis her betrachtet und zugespitzt formuliert, da komme ich jetzt zum Punkt, steht das Album näher bei Pauline Oliveros als John Fahey. Deep Listening ist das Stichwort. Die fünf Kompositionen, Klanggemische aus Ambient-Noise, Field-Recordings und akustischen Saiteninstrumenten, entfalten ihre Wirkung während des konzentrierten Zuhörens. Die kompositorische Sorgfalt und Liebe zum Detail können so nachvollzogen werden und die Musik wirkt durchaus auch beruhigend und entspannend, warum nicht? Ihr kontemplativer Charakter ist ihre Voraussetzung und Bestimmung: Sie entsteht in Stunden unbehelligten Daseins und ist gemacht für ebensolche. Da schadet es auch nicht, wenn die Temperatur im Klangbad steigt und es ein paar Minuten lang ordentlich kracht (Track 4, »RKHS«). Alles eine Frage des Rhythmus, der wohlüberlegten Setzung von Akzenten und des momentweisen Verstärkens von Stimmungen. Dies gelingt Sebastian Bischoff in der Kombination der von ihm gewählten musikalischen Mittel sehr gut und sozusagen zu seinem wie zum Wohle seines Publikums. »Music is a healing force«, die von Albert Ayler bzw. seiner Partnerin Mary Maria Parks in die Welt getragene Botschaft wird (nicht nur von mir) gerne zitiert, denn es stimmt: Musik machen und Musik hören bedeutet, wieder zu Kräften zu kommen. Der Gedanke daran liegt vielleicht nicht unbedingt auf der Hand, wenn (vermeintlich anstrengende) abstrakte Klänge und Kompositionen instrumentaler Musik zur Besprechung vorliegen. Vergegenwärtigt bzw. stellt man sich aber die Frage, warum es (diese) Musik überhaupt gibt, dann liegt es eigentlich nahe, auf die regenerativen Qualitäten des Musikmachens und -hörens zu verweisen. So wie Essen, Schlafen und Trinken ist Musik lebensnotwendig. Damit verbundene Kulturtechniken bestimmen und erhalten unser menschliches Dasein. Ja was denn sonst! Sicher, ich hätte es auch dabei belassen können: Son of Buzzi, neues Album, dazu zwei, drei Genrebezeichnungen und ein, zwei Vergleichsgrößen sowie weitere Referenzen – fertig! Hätte auch gereicht, siehe oben (irgendwo dazwischen). Über Musik schreiben ist ja schließlich eine (unbezahlte) Dienstleistung! Aber da wird mir dann ja schon beim Schreiben langweilig. Daher: Laienpredigt, Geisterbeschwörung, erweitertes Fantum! »Ein Hase, ein Phönix, ein Schwan« kaufen! Amen! Gesundheit! Halleluja! Prost!
Son of Buzzi
»Ein Hase, ein Phönix, ein Schwan«
Shrimper Records
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