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Sir Richard Bishop

»Hillbilly Ragas«

Drag City Records

Ich war nie Pizza essen mit Mark E. Smith, hatte aber mal ein Schnitzel mit Rick Bishop, ungelogen. Der Vorteil von Popkultur als Ersatzreligion ist offensichtlich, dass man nicht erst sterben muss, um mit den Göttern zu speisen. Walhalla war in diesem Fall Backstage in Krefeld, kaltes Bier gab es auch – was will man mehr? Demnächst ist Sir Richard Bishop nach vielen Jahren wieder einmal auf Tour durch Europa, es verschlägt ihn aber leider nicht in meine Nähe. Lediglich in Berlin wird er spielen, um sein neues Album »Hillbilly Ragas« vorzustellen, darüber hinaus treibt er sich jenseits bundesdeutscher Grenzen herum. Na ja, man kann nicht alles haben, aber wenigstens neue Musik auf Schallplatte. »Hillbilly Ragas« beinhaltet neun Titel, gespielt auf akustischer Gitarre. Solche Alben bespreche ich nicht wenige, aber zumeist bedienen sich die Musiker*innen meiner Wahl der Fingerstyle-Technik in Anwendung ihres Instruments; nicht so Sir Richard Bishop, der spielt mit Plektrum – und schlägt bisweilen flott und hart an, wie man das auch von seinem Gitarrenspiel bei den Sun City Girls kennt. Oft erinnern die Melodien an Musik, die man in eher nah- und fernöstlichen Regionen dieser Welt hören könnte. Der ägyptische Gitarrist Omar Khorshid etwa kommt mir da in den Sinn, der seinerseits unter dem Eindruck der amerikanischen Surf-Musik der frühen 1960er-Jahre stand. Auch Anleihen an Flamenco-Gitarre oder die nordafrikanische Oud kann man hören und vieles mehr. Transkulturelle Exotica ist, wenn man so will, das Genre für das musikalische Hin und Her von Rick Bishop. Diese globale Orientierung kommt nicht von ungefähr, in der Vergangenheit hat er viele mehr oder weniger entlegene Ecken der Welt besucht und verarbeitet seither die musikalischen Eindrücke aus den bereisten Ländern in seiner instrumentalen Musik. Auch Einflüsse von Jazz-Gitarristen wie Django Reinhardt und Wes Montgomery prägen sein Spiel – will sagen: Sir Richard Bishop verbindet viele Stile und Techniken, Gitarre zu spielen, die mit »American Primitive« wenig zu tun haben, auch wenn der Titel seines aktuellen Albums auf eine damit verbundene ländlich-musikalische Tradition der USA anspielt. Aber eben nur auf sie anspielt, mit ihr spielt – und sie auch wieder verwirft bzw. sich so zu eigen macht, wie es ihm in Abhängigkeit zu seinen anderen Ideen und Einflüssen in den Kram passt. Der aus diesem Umgang resultierende musikalische Hybrid klingt dann unverkennbar nach Sir Richard Bishop und fertig. Seit seinem Debüt als Sologitarrist (»Salvador Kali«, seinerzeit erschienen auf John Faheys Revenant Label) geht Rick Bishop so vor und bringt alle paar Jahre ein entsprechendes Album heraus. Nun ist es wieder mal so weit. Sehr schön. 

Home / Rezensionen

Text
Holger Adam

Veröffentlichung
22.09.2025

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