Frohes neues Jahr allseits übrigens! Dieses wird in Wien traditionell mit dem Neujahrkonzert begangen, für das sich Österreichs 1 % gerne den Staub aus der Poporitze klopft und feingestriegelt antritt, um die immer gleichen Songs zu hören. Die Show findet seit dem Jahre 1939 ununterbrochen zum Jahreswechsel statt, wohl auf Initiative des anerkanntermaßen kunstsinnigen A. H. (viele Ältere haben ihn noch in wohlmeinender Erinnerung) und ist ein TV-Ereignis für die ganze Welt. Dieses Jahr wäre es beinahe anders gekommen. Aktivist*innen der Letzten Generation hatten sich Tickets gekauft und wollten vor laufender Fernsehkamera (circa 50 Millionen Zuseher*innen) ein Transparent mit der Aufschrift »Zwei Jahre noch« enthüllen. Den szenetypischen Klebstoff hatten sie ebenfalls dabei. Erstmals wäre das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wohl unterbrochen worden. Es kam anders. Beamte in Zivil erkannten und verhafteten die Aktivist*innen, der Konzertvormittag verlief reibungslos. Die Philharmoniker bedankten sich bei der Polente für den »großartigen Einsatz«, weil so eine »Störung des Konzertes, das für Verbundenheit, Hoffnung und Frieden steht«, verhindert werden konnte. Damit wäre einer der aktuellen Hauptwidersprüche gut illustriert.
Kunst vs. Klima – ernsthaft?
Der klassische Konzertbetrieb in Österreich ist ein klingendes Museum ohne große Wirkung. Man kann sich hundert Mal »Seid umschlungenen, Millionen!« anhören und findet den Grenzzaun rund um Europa trotzdem gut. Ästhetische Erfahrungen übersetzen sich nicht automatisch in Bewusstsein – politisches gar. Manchmal überwiegt der unreflektierte soziale Druck, einer »Gesellschaft« angehören zu wollen, deren Regeln man internalisiert und für die man sich unhinterfragt einsetzt, indem Armutsgefährdeten etwa der Lackschuh ins Genick gedrückt wird. Wie sich das anfühlt, dieser Widerspruch zwischen hehren Werten der Hochkunst und dem eigenen, bissi auch mal schmutzigen Erwerbsleben? Einfach mal ins Foyer der Staatsoper schleichen und umschauen, muss gar nicht der Opernball sein. Diese Diskrepanz hören und thematisieren die Aktiven aus der Klassikszene nicht gerne, obwohl sie alle Künstler*innen genug sind, um dies sehr wohl zu erkennen. Aber das spricht man nicht an, da bleibt man elegant schweigend hinterm Pult und verbeugt sich brav.
Was aber, lieber Franz Welser-Möst und Co, wenn es langsam für diese gebeugte Haltung zu spät ist? »Zwei Jahre«, meint die Letzte Generation, würden noch bleiben, um das Ruder herumzureißen. Danach ist es vielleicht schon zu spät, dann ist der Schadstoffausstoß so hoch, dass Umkipppunkte im Klima erreicht wurden, die sich nicht mehr umkehren lassen. Dann hat die Menschheit vielleicht ihre eigene Lebensgrundlage ruiniert und den Konzertbetrieb wird es dann wohl auch nicht mehr geben. Nur, wissen können wir das nicht. Zwar gibt es keinen wissenschaftlichen Hinweis darauf, dass der teilweise geförderte Ausbau von Passivhäusern und der vermehrte Einsatz von Elektroautos ausreichen würde, um die Katastrophe aufzuhalten – aber hey, hoffen ist ja erlaubt, oder? Vielleicht nicht, denn Nichtstun ist keine Option mehr, das hat längst den Beigeschmack der kriminell unterlassenen Hilfeleistung.
Nur was wäre dann zu tun? Wenn Aktivist*innen, so wie jene der Letzten Generation, den Kunstgenuss anderer stören, sei es im Konzerthaus oder im Kunstmuseum, dann erregen sie damit zunächst einmal Zorn. Schaffen sie damit aber Bewusstsein? Eine Umfrage der Anwesenden im Wiener Musikverein hätte vermutlich nicht eine einzige Person ausfindig gemacht, die nicht von den dramatischen Folgen des Klimawandels weiß. Das Wissen führt aber kaum zu Handlungen. Wenn jetzt die einen mit moralisch berechtigtem Furor agieren und die anderen sich ertappt, bloßgestellt und gestört fühlen, dann ist die berechtigte Frage wiederum, wie diese beiden Gruppen gemeinsam die Probleme lösen könnten, die gemeinsam gelöst werden müssen. Andererseits, ohne zivilen Ungehorsam und das Stören von festgefügten Abläufen passiert sicherlich nichts. Jede Person, die am Eingang eines Wiener Museums jetzt ihre Tasche öffnen muss, zwecks Kontrolle, ob da Farbbeutel drin sind, wird an die Klimakatastrophe erinnert. Und das ist sicherlich nicht falsch. Es ist halt schwierig und deshalb freut sich skug im Salon Aktivist*innen der Letzten Generation begrüßen zu dürfen. Im typischen skug Style, der kritisch und solidarisch zugleich ist, denn die aktuellen Anfeindungen gegen Klimaaktivist*innen und die Verfemungen als »Terrorist*innen« sind komplett fehlgeleitet. Kunstschaffende und Klimaaktivist*innen sollten sich nicht auseinanderdividieren lassen, denn Klimaschutz ist kein Verbrechen. Genaueres zum dem skug Talk am 12. Jänner 2023 um 20 Uhr demnächst auf dieser Seite.
Musik von indieaorta und Drug Searching Dogs
Die Post-Punk-tauglichste Stimme Ostösterreichs, begleitet von einem Gitarrensound, der fetter ist als ein 1970er-Jahre Flokati-Teppich, und ein präzises Auf-die-Nasn-Drumming bilden die Mischung von indieaorta. Auch Menschen, die nicht täglich intravenös frühstücken, stellen sich zuweilen die Frage, wie es um das Seelenleben der Jetztzeit eigentlich steht. indieaorta fragen fleißig mit und zeigen anhand von Alltagsbeispielen wie »Netflix« oder »Elektro-Porsche«, wie kompliziert alles geworden ist. Das dann auch noch in griffige Songs zu packen, ist ächte Kunscht. Die Bewusstseinssteigerung durch Partypunk wird im Salon skug langsam zur Serie. Eines nicht mehr allzu fernen Tages werden indieaorta Lehrveranstaltungen abhalten zum Thema, wie berechtigte Aversionen nicht einfach weggesoffen, sondern sublimiert und dann bei den Trotteln klistiert werden. Im Salon gibt es das Pro-Seminar, sicherlich laut und fesch und im rhiz. Hier zum Vorfreude anheizen:
Who let the noise in? Die Drug Searching Dogs haben ein feines Gespür dafür, was alles unsinnig bekämpft wird. Drogen zum Beispiel. Denn beim »War On Drugs« wird der Rausch verboten und tabuisiert, die Unterdrückung aber befördert. Zum Rausschreien, und das machen die Hunde, einmal von der Kette gelassen, dann auch. Mit einem Sound, der Eingeweide knetet, wenn Drum Machine und E-Bass die letzten Gewissheiten rausklopfen. Klar wird später gewesen sein: Es war der Sound, der Noise, der Drone, der uns endgültig ins neue Jahr gebängt hat, denn alles davor war schlappe Wohlfühlblase. Politischer Diskurs und Live-Musik zum Kopfkorkenknallen werden abgerundet mit der skug DJ-Line. Das alles von 19:30 Uhr bis in die Nacht im Wiener rhiz am 12. Jänner 2023. Wir freuen uns auf euch!