Statt gesellschaftliche Probleme an der Wurzel zu greifen und sie ein für alle Mal zu lösen, unterlaufen sie in der Regel »demokratisch« einen langwierigen Prozess und werden erst nach und nach angegangen – wenn überhaupt. Was dabei herauskommt, ist oft völlig unzufriedenstellend. Zum Beispiel bei den Frauenrechten ist das so. Und weil freundlich Bitten gegen das herrschende Patriarchat nichts bringt, mussten diese in der Vergangenheit von mutigen Menschen erkämpft werden.
Auch in der sozialdemokratischen Fantasie-USA von »Born in Flames« erhofft man sich eine graduelle Verbesserung hin zu einer Zukunft, in der Dinge, die permanent geschehen, zum Beispiel Sexismus, wie durch Zauberhand einfach wegfallen. Ganz selbstverständlich entstehen dann Gruppen, ähnlich der Antifa, von mutigen Frauen, die Probleme an der Oberfläche bekämpfen und marginalisierten, unterdrückten Gruppen, also in diesem Falle Frauen, zumindest ein Leben ermöglichen. Indem sie Leute auf der Straße vermöbeln, wenn sie irgendwem krumm kommen, was auch sehr wichtig ist.
Die sozialdemokratische Partei selbst ist gegen die Unterstützung der extremen Gruppe der Frauenarmee, sie empfindet sie als separatistisch. Ihren eigenen, inhärenten, strukturellen Sexismus, der Frauen ausgrenzt, jedoch nicht. Auch hört man die (üblichen) Vorwürfe der männlichen Seite, es sei eine reaktionäre Diskriminierung von Männern, statt eine analytische Auseinandersetzung mit Rassismus und Klassenunterschieden. Das mag zuerst richtig erscheinen, doch muss man wohl eine Frau sein, um sich des Klassenunterschieds bewusst zu sein, den man als Frau in einer Welt der Männer alltäglich spürt.
Mit der Musik von Red Krayola und einer jungen Kathryn Bigelow weiß dieser fantasievolle, zum Teil lustige Film zu unterhalten und Eindruck zu hinterlassen. Mit Gastauftritt des World Trade Centers.
»Born in Flames« läuft bei der Viennale 2019 am 31. Oktober um 13:30 Uhr im Metro, Historischer Saal, in Anwesenheit von Lizzie Borden.