Nichts verlernt, nichts wesentlich erneuert: Propagandhi veröffentlichen nach beinahe acht Jahren ihr achtes Studioalbum. Als ihr letztes Album »Victory Lap« 2017 erschien, war Trump das erste Jahr im Amt. Der letzte Song des Albums enthielt ein paar hässliche O-Töne. Jetzt muss die ganze Welt das erste Jahr der zweiten Regentschaft des »fascist gangster in the White House« (Philosoph Cornel West über Trump 2016) erleiden. Samples einzelner Sager erübrigen sich aufgrund des medialen Dauerfeuers, das Willkür und Wahnsinn (mit und ohne Methode) des Dekretdiktators entfachen. Propagandhi aus Kanada (das sich zumindest wieder für die kleineren Übel der Liberal Party entschieden hat) haben textlich einen gangbaren Weg gefunden, mit leider auch zu Konstanten gewordenen Aktualitäten umzugehen. Knackigen Parolenpunk à la »Fuck The Border« gibt’s schon länger nicht mehr. Um trotz trüber Aussichten und trister Selbstreflexionen nicht in Resignation zu verfallen, helfen kleine Geschichten sowie bewusst platzierte Warnungen mit historischen Referenzen. »Turns out that no one’s immune«, heißt es im neuen Wehret-den-Anfängen-Song »Benito’s Earlier Work«. »Can’t go wrong, the praising of tyrants, follow along… you thought you’d be watching from the side«, lautet der eingängige Refrain in »Day By Day«. Und dass der Gott des Hegemonen keiner der Nächstenliebe und Empathie, sondern ein »God Of Avarice, Greed And Gluttony« sein muss, trifft es auch. Textlich souverän, bleiben Propagandhi freilich auch musikalisch solide; haben aber wenig Überraschendes zu bieten. Einst verpassten sie ihrem zunächst eher simplen Melodycore einen gewaltigen Innovationsschub mit Speed-, Thrash- und Prog-Metal-Elementen. Diesem Stilmix blieben sie seit »Today’s Empires, Tomorrow’s Ashes« (2001) im Wesentlichen treu, perfektionierten ihn auf »Supporting Caste« (2009) und variieren ihn seitdem. Vielleicht bleibt mir Propagandhis Signature Sound zu stark in den 2000er-Jahren verhaftet, weshalb keine allzu große Begeisterung mehr aufkommen will. Es gibt aber auch ein paar songinterne Gewichtungen, die auf »At Peace« darüber entscheiden, ob ein Song zündet oder nicht. Denn nicht alle Riffs, Arpeggios, Breaks und Bridges, die Strophe/Refrain/Strophe-Schemata aufbrechen, sind deshalb auch songdienlich. Insbesondere Chris Hannahs »Rezitative«, die eigentlich für Dynamik und Dramatik sorgen sollten, geraten immer wieder mal zu langatmig, unterbrechen den Energiefluss der Songs. Interessanterweise stechen eher die von Bassist Todd Kowalski gesungenen Songs hervor. In »Day By Day« verschmelzen perfekt Prog-Metal-Elemente, die mehr als nur virtuose Fingerübungen sind, mit einem poppigen Refrain, den wohl selbst eine Taylor Swift nicht ablehnen würde. Und »No Longer Young« ist einfach ein unprätentiöses Stück Indierock: »Reviving the spirit I had, moving on, not returning.«
Propagandhi
»At Peace«
Epitaph
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