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New Model Army – 14. 11. 2005, Planet Music

Oliver Cromwells Sieg: Fast schon eine Woche ist seit dem New Model Army-Konzert im Planet Music vergangen, eine Woche, sieben Tage, fast schon eine ganze Welt. Irgendwie fiel es mir schwer über den Auftritt der Gruppe zu schreiben. Was soll ich sagen, es war einfach zu perfekt!

The Band

Berichte über New Model Army sind selten in den Medien zu finden. Dabei schart die Gruppe um Sänger und Songwriter Justin Sullivan – die Musik ist eine Mischung aus Wave-, Folk- und Rock-Elementen – eine treue Fangemeinde um sich: und das schon seit sie sich 1982 gegründet hat. Neben sieben regulären Studioalben, mehreren Live- und »Best of«-CDs ist die Band aus Nordengland, deren Name übrigens auf die oppositionellen Truppen unter Oliver Cromwell zur Zeit des englischen Bürgerkrieges verweist, spätestens seit Mitte der 80er Jahre auf unzähligen Wave-, Rock- und Pop- Compilations zu finden. Im Gegensatz zu manch anderen Songs aus den 80igern, die in dieser Dekade ihren Zenit erreichten, sind Stücke wie »No Rest« oder »Here comes the war« einfach zeitlos. Besonders die Single »51st State of America« klingt 2005 fast schon wieder erschreckend aktuell …

Nachdem sich die Band Mitte der 90er Jahre eine längere Auszeit gegönnt hatte, in der Sänger Sullivan und Co-Writer Heaton an ihren Projekten Red Sky Coven und Our Souls arbeiteten, fand sich die Gruppe wieder zusammen, um 1998 das Album »Strange Brotherhood« auf EMI herauszubringen. Danach gründeten sie mit Attack ihr eigenes Label auf dem sie im Jahr 2000 »Eight« veröffentlichten. Es folgte »Lost Songs« und zuletzt ein Album mit dem schlichten Titel »Collection«. Auch in der Besetzung der Gruppe gab es in den letzten 23 Jahren Veränderungen. Gründungsmitglied Robert Heaton verließ die Band, Michael Dean (Drums), Dean White (Keyboards), Nelson (Bass) und Dave Blomberg (Gitarre) vervollständigten das Line Up rund um Gründungsmitglieder Sullivan und Stuart Morrow. Im November letzten Jahres starb Gründungsmitglied, Ex-Drummer und Songwriter Heaton.

The Gig

Ein langer Weg also, bis hier in die Jetztzeit, genauer gesagt letzte Woche, Planet Music, Wien. Gespanntes Publikum, entspannte Atmosphäre. Über die Vorband habe ich mir geschworen kein Wort zu verlieren. (Nur soviel: »She’s my heroin, she’s my dancing queen, she just 17, ohwowow … « (Auszug aus dem Refrain eines Songs der Gruppe Exit to Eden).

Nach einer kurzen Pause betraten New Model Army die Bühne und bewiesen, dass auch die Band, genau wie ihre Songs, in den letzten 20 Jahren weder an Aktualität noch an mitreißendem Enthusiasmus verloren hat. Die Zahl der Jahre machte sich höchstens an der perfekten Darbietung bemerkbar. Kein Patzer, kein Verspielen, nirgends ein verpasster Einsatz. Und dennoch wirkte der Auftritt nicht einstudiert und kein bischen gekünstelt.

Sometimes your hunger for life feels like desperation …

Man sagt New Model Army einen Hang zur Sozialromantik nach, aber in diesem Fall bin auch ich für eine bessere Welt. Kein Mensch hat, so sehe ich das zumindest, das Gefühl der Ohnmacht und Ruhelosigkeit besser in Worte gefasst als Sänger Justin Sullivan: Wenn er in »No Rest« mit seiner großartigen Stimme davon singt wie wir keinen Schlaf finden können, weil wir an dem Unglück der Menschheit nichts ändern und trotzdem an unserem Alltag ersticken; wenn er in »No Fate« den Göttern seinen Zorn entgegenschreit oder in »Green and Grey« – einer zum Niederknien traurigen Ballade – erzählt von einem, der zurückbleibt während ein anderer hinauszieht, weil er glaubt, dass das wahre Leben nur irgendwoanders zu finden ist.

Niemand hat mich je besser verstanden, als Justin Sullivan, niemand das Elend der Existenz so in Worte gefasst wie er. Dabei wird sein Ton nie weinerlich, seine Stimme klingt kraftvoll, er erzählt von Höhen und Tiefen und dem Kampf, der da draußen und in dir tobt, vom Kampf um ein lebenswertes Leben.

The Audience

Das Publikum war hingerissen. Das gesamte Konzert war ein friedliches Miteinander, ob die Leute nun tanzten, klatschten oder Händchen hielten. Die Band dankte es ihnen mit zwei Zugaben und einer offensichtlich großen Freude am Spielen. Schnelle und langsame Lieder wechselten sich ab, die Akustikgitarre wurde regelmäßig gegen die E-Gitarre eingetauscht, jeder kam auf seine Kosten. Es war wirklich wunderbar. Kitschig, nicht?

Vielleicht konnte ich deswegen dieses Review so lange nicht schreiben. Wenn was so schön ist hab ich Angst, dass es kaputtgeht wenn man’s in Worte fasst. Trotzdem: Es war einfach ein großartiges Konzert!

Home / Musik / Konzert

Text
Sanna Samsara

Veröffentlichung
24.11.2005

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