»Discorde«

Kirchen und Drone. Keine unwahrscheinliche Kombination. So stellt die Kirchenorgel mit ihren langgezogenen, stehenden Tönen die ideale Drone-Maschine dar. Stars der Minimal Music wie Kali Malone und Sarah Davanchi haben das Instrument von Beginn an für sich entdeckt und damit in den Gotteshäusern der Welt experimentiert. Aber warum bei der Orgel bleiben, wenn man seine Drones auch mit einer Mehrhalsgitarre spielen kann – und das ebenfalls auf heiligem Boden? Dachte sich womöglich Pierre Bujeau/Megabasse, Gitarrist der französischen Experimentalbands Tanz Mein Herz und Omertà, und nahm seine Solo-LP »Discorde« in der St. Anne Chapel auf, mitten in der Normandie. Zudem in einem nahen Schiffshangar. Beides Räume, die dem Hall der Gitarre weiteren Raum geben. Anders als der Titel suggeriert, sind auf dem 2019 aufgenommenen Album dabei keine Disharmonien zu hören. Zärtlich wie monoton zupft Pierre Bujeau seine ineinandergleitenden Klangfiguren, die im weiten Raum verhallen. Seite A und Seite B scheinen dabei beim ersten Hören identisch. Oft geht es beim Drone aber auch nicht um Progressionen und Abwechslung, sondern um die Qualität und Intensität des leicht variierten Klangs. So können aufmerksame Hörende bemerken, dass die Variationen desselben Stücks in zwei verschiedenen Räumen aufgenommen wurden, eben in besagter Kirche und besagtem Schiffshangar. Einmal an einem höchst sakralen, einmal an einem höchst profanen Ort. Melancholisch, weit, verloren klingen beide Fassungen – und machen »Discorde« zu einem Album, das zum Innehalten einlädt. Ob es um einen herum nun nach Meer riecht oder nach Weihrauch.