Fuffifufzich reitet die Synth-Pop-Welle mit einer herausragenden Entspanntheit, welche die deutsche Musiklandschaft maßgeblich bereichert. Ihre Lieder sind Ohrwürmer schon ab dem ersten Beat, ihre Musik ist eine Ode an das Leben als fühlender, orientierungsloser Mensch in der modernen Welt der Performance-basierten Interaktion. Sie ist 1,60 Meter groß, unglaublich cool und verkörpert eine Power, die »Falco meets Grönemeyer«-Vibes versprüht. Ihre Texte handeln von Liebe und den daraus resultierenden Katastrophen, schnieken Ferraris und dem Kontrollverlust, den wir Millennials so gut kennen. Das mag auf den ersten Blick nicht sonderlich innovativ erscheinen: Man kennt bisher die jungen und weniger jungen Männer, die in cool-kalter Melancholie von ihren verflossenen Liebschaften rappen – und ja, auch in sie kann man sich hineinversetzen. Oder man hört die etwas feministischeren Künstlerinnen, die ihr Empowerment aus miesen Karriereentscheidungen und Herzschmerz ziehen und die Hörer*innen zum Selben motivieren wollen. Manchmal hilft das, oft aber bleibt da eine gewisse Leere, die einem mit dem eigenen Trauerprozess um das Leben als mitteljunger Mensch in unserer Gesellschaft nun auch nicht weiterhilft.
Und doch, Fuffifufzich bringt etwas völlig Neues in die deutschsprachige Musikszene, nämlich: Eine lustige Aufrichtigkeit, die kein bisschen performt erscheint. Sie schmettert ehrliche Texte auf 1980er-Synthie-Sounds, gekoppelt mit energetischen Snare-Drums, bleibt dabei sympathisch und clever und nah an ihrer eigenen Lebensrealität. Vanessa Loibl hat in ihrer Laufbahn mehr als nur einen Erfolg erzielt und gilt in der kontemporären Pop-Kultur als Idol einer femininen Coolness, die ebenso unaufdringlich wie charismatisch ist. Man könnte meinen, sie hat alles, was man sich wünschen könnte, und doch hapert es. Liebe fällt auch der Synthie-Queen schwer, die Zügel über ihr eigenes Leben und ihre Wünsche gleiten ihr mehr als einmal aus den Fingern und auch sonst scheint es nicht immer leicht zu sein. Statt traurige Lieder zu schreiben, bleibt sie ihrem Charakter treu und macht aus den Real-Life-Problemen, mit denen sich nun wirklich jede*r einmal konfrontiert sieht, Hymnen unserer Generation.
Hymnen unserer Generation
In ihrem Debütalbum »Heartbreakerei« (2022) findet Fuffifufzich eine Vielseitigkeit und Originalität, die man bei knapp 40 Minuten Gesamtlaufzeit nicht unbedingt erwartet. Kultige Songs wie »Urli«, »Party Hardy« und »Life ist scheiße« zeugen von ihrer Aktualität und ihrem Humor, der ihrer Musik die Einzigartigkeit verleiht, für die sie so gefeiert wird. Da finden sich schnelle Partysounds, die eine*n auch noch mit dem schlimmsten Kater tanzend aus dem Bett ziehen, nebst ruhigen Beats, die selbst mit den sentimentalsten Texten Lust auf das Leben machen. Man fühlt sich von ihr verstanden, ohne sie als Mentorin zu erleben. Fuffifufzich will niemanden an die Hand nehmen, sondern schlicht ihre Geschichten erzählen. Sie ist kritisch, ohne mit dem Finger auf irgendetwas oder irgendjemanden zu zeigen, und sie spielt mit der deutschen Sprache wie eine Virtuosin. Gespickt mit englischen und italienischen Elementen verleiht sie ihrer Kunstfigur eine Authentizität, die man ihr bei der stereotypisierten Techno-Brille nicht direkt abkaufen möchte. Ob sie das stört? Vermutlich nicht, Fuffifufzich macht einfach ihr Ding – ohne Kompromisse und dafür mit einer gehörigen Portion Spaß. In ihren Texten wirkt sie tollpatschig und selbstbestimmt gleichzeitig, als wäre sie selbst noch auf der Suche nach den richtigen Weichen, und lässt ihre Fans doch wissen, dass sie sie »wunderbar« findet, weil sie alle gemeinsam im selben Chaostopf namens »Leben« stecken.
Wer Fuffifufzich außerdem live erleben darf, hat großes Glück. Noch sind ihre Tickets verhältnismäßig günstig, der Mainstream hat sie noch nicht in seine Stromschnellen gezogen, und – bei der heiligen Pop-Göttin – wie dankbar sind wir dafür! Nicht nur ist ihre Musik nahbar, sondern auch erschwinglich. Fuffifufzich bietet einen Zugang für alle, die manchmal vom Leben überfordert sind und lässt sie im Angesicht des eigenen Remmidemmis tanzen. So steht sie also am Abend des 24. Jänner 2024 da, inmitten der kleinen Bühne des Wiener WUK, und verkörpert eine lässige Entschlossenheit, die ich so noch nie erleben durfte. Umgeben von Strobolichtern tanzt und singt sie sich die Seele aus dem Leib, und das mit einer Freude, die den gesamten Konzertsaal erfüllt. Sie macht keinen Hehl daraus, dass die Masse allein für sie da ist; sie genießt schlichtweg das Beisammensein aller. Vermutlich ist das auch der unterliegende Antrieb ihrer Musik: Life ist scheiße, aber genieß es – wer weiß, was für schöne Dinge dabei entstehen können.