Disclaimer: Das deutsche Prophecy-Label fiel in jüngster Vergangenheit durch künstlerische Neuverpflichtungen auf, die Fragen aufwerfen. Siehe hierzu eine recht aufschlussreiche Darstellung auf vampster.com. Auch Imha Tarikat wurden vom Metal-Magazin »Deaf Forever« im Interview zum Release ihres neuen Albums zum Sachverhalt befragt. Die Antworten des deutsch-türkischen Musikers Kerem Yilmaz, dessen Soloprojekt Imha Tarikat abseits der Bühne ist, fielen verhältnismäßig nachvollziehbar und gnädig aus. Der übliche Eiertanz aus einerseits geschäftsmäßiger Rücksicht auf den Vertragspartner Prophecy und andererseits einer weltoffenen Selbstpositionierung in Opposition zu den unter Verdacht stehenden Personen und ihren Äußerungen. Damit kann man irgendwie leben, aber in einer schöneren Welt bekämen sich verstrahlt äußernden Musiker*innen besser den Kopf gewaschen oder die Quittung. Aber dafür ist Kerem Yilmaz in vertragsrechtlicher Hinsicht nun auch nicht verantwortlich. Allgemeiner formuliert, denn das wird gerne übersehen: Wer kann in seinem eigenen beruflichen Umfeld dafür garantieren, ausschließlich mit vernünftigen und demokratisch orientierten Akteur*innen umgehen zu dürfen? Aus dieser Argumentation folgt nicht politische Indifferenz, sondern nur der Hinweis, dass es mit dem Engagement in kritischer Absicht so einfach nicht ist. Okay, genug davon. Zur Musik. Imha Tarikat haben einen relativ schnellen Aufstieg hinter sich, in welche Höhen er sie noch tragen wird, bleibt abzusehen, aber das vor zehn Jahren gegründete, wie erwähnt (im Studio) Ein-Mann-Projekt von Kerem Yilmaz hat sich innerhalb kurzer Zeit einen weltweiten Ruf erspielt. Nun ist mit »Confessing Darkness« das vierte Album erschienen und ich nehme an, dass die Veröffentlichung ähnlich begeisterte Reaktionen hervorrufen wird, wie die Alben davor. Und ich habe auch nichts vorzubringen, um der Begeisterung Einhalt zu gebieten. Das Songwriting auf dem neuen Album ist fokussierter, die Songs sind kompakter, kürzer und weniger ausladend. Das hilft sicher, ein noch größeres Publikum zu erreichen, aber die nach wie vor energetisch-rabiate Ausdrucksweise hat sich Yilmaz beibehalten, von der ersten Sekunde an bzw. nach einem kurzen Intro fliegt einem die Musik von Imha Tarikat um die Ohren, überschlägt sich beinahe in ihrem Vorwärtsdrang. Dieser ungestüme Eindruck ist gewissermaßen das Erkennungszeichen des Bandprojekts. Es gibt nur eine Richtung: nach vorne – und zwar mit aller Kraft! Das Schlagzeug treibt Gitarren und Bass vor sich her, Kerem Yilmaz brüllt inbrünstig darüber. Trotz des Getöses mangelt es Imha Tarikat aber weder an einfallsreichen Melodien noch an abwechslungsreichen Arrangements, worin der Schlüssel zum Erfolg liegt. Imha Tarikat machen nicht bloß infernalischen Lärm. Die zur Schau gestellte Leidenschaft und Kompromisslosigkeit finden in eine ansprechende musikalische Form, die aller programmatischen Finsternis zum Trotz vor allem eines macht – gute Laune und Spaß. »Confessing Darkness« ist eine unterhaltsame, facettenreiche und sehr zugängliche Black-Metal-Platte, ein potenzielles Konsensalbum, das sowohl die Trve-Fraktion wie dem extremen Metal eher nicht so zugeneigte Hörer*innen abholen kann. Das liegt, wie erwähnt, vor allem am gleichermaßen schnörkellosen wie abwechslungsreichen Songwriting. Die Songs kommen auf den Punkt, es mangelt ihnen nicht an Melodien und so bleiben sie im Ohr hängen, ohne nach zweimal hören schon zu langweilen. Wenn also – was hoffentlich nicht zu erwarten ist – das geschäftliche Umfeld nicht abfärbt, dann kann man mit Imha Tarikat in der Zukunft sicher noch eine Menge Spaß haben.
Imha Tarikat
»Confessing Darkness«
Prophecy Records
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