Die Ansichten und Meinungen zum Thema Paralleluniversum sind sehr unterschiedlich und wohl schon von daher etwas geschwätzig. Dagegen scheint Mutter Flaschkos Universum weit fasslicher in Bild und Wort darstellbar. Da wäre zunächst ihr Sohn, der stets eingehüllt in einer Heizdecke vor dem TV-Gerät schwitzt. Zudem sind Alkohol und Tabletten im Spiel. Doch eine weit größere (Erd-)Anziehung üben Putzmittel auf Mutter Flaschko aus, sie sind ihr ein geradezu aufputschendes Lebenselexier. Wenn die verbitterte Hausfrau wieder einmal der Putzteufel reitet, ruft Flaschko ihr unvermittelt zu, sie gäbe dem Staub nicht einmal die Gelegenheit, sich richtig zu sammeln. »Wenn ich auf die Befindlichkeit vom Staub auch noch Rücksicht nehme, komme ich ja zu überhaupt nichts mehr!«, schallt es aus dem langnasigen Universum prompt zurück. Mahler ist ein Meister der Kürze, nicht nur in seinen Bildverknappungen, die ohnehin mit wenig Strich und Farbe bestens auskommen. Spritzige Unterhaltungen und bärbeißige, oft lakonische Kommentare wechseln sich in diesen heizbedeckten und putzbesenreinen Sitz-Dramen ab. Der Humor bleibt rabenschwarz, selbst dann, wenn der Arzt bei Mutter Flaschko eine Staublunge diagnostiziert. So gilt der Weisheit letzter Schluss: »Es gibt mehr im Leben als Putzen, Mutter.« – »Ich weiß. Dreck machen.«
Was es heißt, sein Leben als Humorzeichner zu bestreiten, um darauf gelegentlich an Verständnisgrenzen zu stoßen, ist im autobiographisch gefärbten Band »Kunsttheorie versus Frau Goldgruber« nachzublättern. Frau Goldgruber nämlich, eine altjüngferliche Mamselle mit der Bienenkorbfrisur, ist Finanzberaterin. Sie soll davon überzeugt werden, dass Comic und Kunst gleichwertig sind, auf dass der Künstler einen tieferen Steuersatz beanspruchen kann. Eine ganz und gar verzwickte, weil sehr knifflige Aufgabe, wie dies Nicolas Mahler sehr anschaulich vor Augen führt. Immerhin schöpft Mahler daraus so manch skurrile Dialogszenen, sehr zum Vergnügen des Lesers, wobei eigentlich selbst der Amtsschimmel wiehern müsste. Mit minimalistischen Zeichnungen und wienerischem Flair bringt Mahler Ambivalenz und Anerkennung rund um die »neunte Kunst« hervorragend auf den Punkt. Und wenn einem der Erfolg als Comiczeichner versagt bleibt, bleibt wohl nichts anderes als ein lausig bezahlter Job in einer Videothek übrig. Davon bleibt Nicolas Mahler aber mittlerweile weit verschont. Seine Kunst hat längst überall breite Anerkennung erfahren. Frau Goldgruber möchte man darüber die lange Nase zeigen.
Nicolas Mahler: »Flaschko – der Mann in der Heizdecke«, Edition Moderne/Falter Verlag
»Kunsttheorie versus Frau Goldgruber«, Galerie der Stadt Wels (Hg.), Reprodukt.