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Franz Pomassl

Stuttering Audio Interruptions In Sonic Science Pop
oder: Was macht ein Rhizonozeros im Electronica-Porzellanladen?

Dem österreichischen »Psycho- & Physio-Musiker« Franz Pomassl eilt international nicht zu Unrecht der Ruf des »Digital Terrorist No. 1« voraus. Egal ob in Paris, Moskau, St. Petersburg, Japan, Leipzig oder Wien – die musikalische Basissozialisation neben dem zweitgrößten, noch von den Nazis erbauten, Truppenübungsplatz in West-Europa (Allentsteig) schlägt beim (neben Alois Huber) zweiten Laton-Label-Operator immer wieder durch.

Was sich auch am aktuellen Pomassl-Veröffentlichungs-Overkill manifestiert. Da wäre zuerst die langersehnte Hörmuschel- & Hirnschmalz-Remix-Terrorisierung »Retrial Error« (auf der u.a. Acts wie Terre Thaemlitz, Mika Vanio, Filament, Pita, Frank Bretschneider Material von Pomassl 1997er CD »Trail Error« bearbeiten), der »2001«-Sonic Science Fiction-Soundtrack, ein »Skeleton Mix« sowie die abschließende dritte »Skeleton«-Veröffentlichung.
Im Folgenden daher einige Blicke »Through The Looking Glass« in ein musikalisches Parallel-Universum zwischen »taktiler infrasonarer Musik«, Latonautik, »Architectronics« »Posthuman Body Music«, Rhythzomatik und sonischer Hinterfotzigkeiten wie »Auditus Interuptus«

2001 – a sonic odyssey

Anfang des Jahres wurde in der Wiener Secession auf Basis von Stanley Kubricks 1968er Science Fiction-Klassiker »2001: A Space Odyssey« eine Art latonautischer Space-Trip (u.a. mit Pomassl, Alois Huber, Electric Indigo, Chilo, Trapez, Fon sowie dem Ultra Low Frequencies-Physiker Udo Wid und dessen »ELF Sferics Measuring Arrangements« mit dem niederfrequente elektromagnetische Wellen, die durch elektrische Entladungen in der Atmosphäre entstehen in Sounds umgewandelt werden können – CD erscheint demnächst!!!) unternommen.

»2001« war dabei eigentlich nicht mehr als der glückliche Zufall einer einst gut gewählten Metapher. Drehte sich doch auch hier alles um latonautische Grundparameter wie Verzögerungen (des Zeit/Körper/Raum-Empfindens und der damit verbundenen Wahrnehmungen), Schwerelosigkeit (also die Unmöglichkeiten eindeutiger Lokalisierungen/Verortungen im Raum) sowie den »Körper als auditives System« (Pomassl).
Latonautisch gesprochen »ging es nicht um die Story des Films, sondern um bisher immer übersehene Aspekte und Problematiken des Auditiven«, so der ehemalige Austronautennahrungs- Proband beim Austromir-Projekt.
Darauf hat auch schon Kodwo Eshun in seinem Buch »Heller als die Sonne« 1998 hingewiesen. Für ihn sind die klassischen Musikstücke in Kubricks Film »so futuristisch wie die Titanic, nichts als erneuerte Beispiele des Erhabenen, das man aus dem 18. Jahrhundert kennt.«
Zudem werde hier erneut ein (alter) Futurismus-Begriff bedient, der sich vor allem darin erschöpft »den Rhythmus über Bord zu werfen. Der Beat ist der Ballast, der die Fluchtgeschwindigkeit verhindert, der die Musik davon abhält, den Ereignishorizont zu durchbrechen. Die Musik der Zukunft ist schwerelos, transzendent, konvergiert sauber mit der Entkörperlichung des Online-Verkehrs.«

Diesen, von Eshun zu Recht kritisierten Futurismus-Begriff torpediert Laton im Grunde seit Beginn der 90er Jahre. Versteht sich doch das Konzept einer »taktilen infrasonaren Musik« – exemplarisch Verwirklicht in der Konstruktion der »ITTube??? (Infrasonic Transmission Tube System) – als verrückte aber präzise (und daher auch gefährliche, weil nicht zufällig sondern taktisch operierende/einsetzbare) Grenz-Wissenschaft auf den Feldern psychoakustischer Wahrnehmungsphänomene.

Experimente im auditiven Infra-Bereich (also jenseits des noch Hörbaren) fordern nicht nur das Ohr als Scanner/Filter heraus. Das Ohr ist ja nicht nur das erste Sinnesorgan, dass uns (schon im Mutterbauch) mit Informationen »von Außen« versorgt. Es ist auch jenes Organ mit dem wir uns in der Welt/im Dunkeln orientieren (dass jenes, »Labyrinth« genannte, Gleichgewichtsorgan im Innenohr des Körpers angesiedelt ist kommt dabei sozusagen noch erschwerend dazu).

Latonautik in der radikalsten Ausformung (ITT, aber auch diverse Tonträger) bedeutet die Konfrontation des Hörorgans mit nichtverortbaren, nicht eingrenzbaren psychoakustischen Ereignissen, die per se auch die Ununterscheidbarkeit von Inner & Outer »Space« verhandeln. Es geht um ein Über/Unterschichten, dass weniger ineinander fließt, als ineinander greift, zu chemischen Reaktionen und Kernspaltungen führt und permanent zwischen den Polen fest, gasförmig, flüssig und ambivalenten Plasmazuständen oszilliert. Molekulare (Re)Mix-Techniken, die sich Onkel Bill Burroughs & Onkel Gilles nicht besser bei einem Telefonat ausdenken hätten könnten.

Dabei werden nicht nur jene Ketten, die Töne/Sounds durch Bedeutungen codieren bzw. überdeterminieren gesprengt (wobei das der Mess- und Sonartechnologie entlehnte Instrumentarium sein übriges dazu tut), sondern auch der herkömmliche, bekanntlich als eher fest auf zwei Beinen stehende Subjektbegriff (und zwar auch jener der Hörenden!) erheblich ins Schwanken gebracht. Dazu kommt die relative Ungeschütztheit des Ohrs an sich.
Darauf verweist auch André S. Labarthe, wenn er bezugnehmend auf die »Macht« der cinematografischen Tonspur schreibt, dass es zwar möglich sei, im Kino die Augen zu schließen, das eigentliche Problem jedoch darin bestehe, dass ich »mir nicht die Ohren verstopfen« kann. Gut, ich kann mir die Ohren zuhalten, aber da wird immer noch etwas (wenn auch gedämpft) durchdringen.
Angewandte Latonautik kümmert sich aber wenig um mögliche Stöpsel im oder Schallschutzkopfhörer am Ohr. Dafür wird gleich auf den »Körper als Ohr« bzw. als »Klang- und Resonanz-Raum« gezielt.

Wobei sich das Konzept des Körpers als Hörorgan natürlich in ein und derselben Möbiusschleife mit Kowdo Eshun zum Frühstück trifft. Denn, so Eshuns Losung, wenn das Ohr nichts Festumrissenes mehr wahrnehmen kann, »beginnt deine Haut, das zu empfinden, was deine Ohren nicht mitbekommen«. Der Körper wird zu einem »verteilten Hirn«, es kommt zu »Audiohalluzinationen«. Ähnlich jenen »Bildern« die etwa in den Filmen des Linzer Experimentalkünstlers Dietmar Brehm »gesehen« werden, die es jedoch weder auf dem Filmstreifen/Zelluloid gibt, noch durch komplexeste Eisenstein’sche Montagetechniken zu erklären sind.

Diese ähnlichen, aber nicht identen Überlegungen und Experimente führten 1999 fast zwingend zur Pomassl/Eshun-Zusammenarbeit »Architectronics« auf der damaligen Baustelle des Wiener Museumsquartier.
Dazu Pomassl: »Eshun bedauerte fast, dass er mit unseren Arbeiten und den Konzeptionen dahinter erst kurz nach Fertigstellung seines Buches in Kontakt gekommen ist. Deshalb gestaltete sich die Zusammenarbeit, bis auf einige technische Defekte wie Stromausfälle, auch äußerst produktiv. Ich verstehe auch die ganzen Spitzen die es in letzter Zeit gegen ihn gib nicht wirklich. Klar gibt es hier und da was zu kritisieren und er schießt auch manchmal gehörig über’s Ziel hinaus. Aber gerade darin liegen ja die Potentiale. Das Buch ist wirklich ein wahnsinniger Steinbruch und eine Werkzeugkiste im besten Sinn des Wortes

Womit u.a. auch die Herangehensweise an das »2001«-Projekt gemeint ist.
»Kubrick«, so Pomassl, »plante ja ursprünglich bei »2001« einen eigens dafür komponierten Soundtrack zu verwenden. Die klassischen Musikstücke sind durch einen Zufall im fertigen Film gelandet. Kubrick hatte sie zuerst nur als Zeitmatrix beim Schnitt der Bilder verwenden wollen. Bei meinem »2001«-Projekt waren hingen die Bilder die Zeitmatrix zu der die Musik editiert wurde. Dabei ging es auch darum, die Musik gleichsam radikal von den Bildern zu lösen und sich selbst zu überlassen. Mich interessierte eine Neuvertonung überhaupt nicht. Deshalb wurden auch alle narrativen, mystischen und metaphysischen Teile von »2001« übersprungen. Die psychedelischen natürlich nicht. Aber das sind eige
ntlich nur Sekundäraspekte.
Bei »2001« hatten die Sounddesigner enorme Probleme mit den Atmos. Im Weltall kann dich bekanntlich keiner schreien hören. Die einzigen hörbaren Sounds sind maschinenimmanente Geräusche im Inneren des Raumschiffs. Dazu kommt das schwere Atmen der Astronauten im Raumanzug. Platz dessen Haut des oder die des Raumschiffs, geht nicht nur den Astronauten sondern auch diesen Sounds die Luft aus.
Meine Arbeitsweise besteht ja hauptsächlich darin, die Maschinen, die ich verwende selber zum klingen zu bringen. Mich interessieren Samples überhaupt nicht. Es geht um selbstgenerierte Sounds, die nur aus sich selbst heraus entstehen können. Im 20. Jahrhundert wurden Geräusche und Sounds zu Musikwerkzeugen. Das ist jetzt aber ein abgeschlossenes Kapitel. Jetzt geht es darum auch diese Geräusche und Sounds wieder rauszunehmen, sie jenseits des menschlichen Hörvermögens anzusiedeln. Dadurch verlagert sich auch die Wahrnehmung des Auditiven in die Bereiche des Taktilen

Da trifft es sich vorzüglich, dass Eshun unlängst in einer Folge der Musikvideo-Dokumentation »Fantastic Voyages« zum Thema »Space Is The Place« als »2001«-Gegenentwurf »Barbarella« angeführte und dabei vor allem auf dessen Gewichtung des Tastsinns, also des Habtisch-Emphatischen als sozusagen taktilem Body/Language/Wahrnehmungsdings der Zukunft verwies. Interessanterweise ganz ohne jegliche Cyber – & Man/Machine-Interface-Verweise.
Ein Umstand/Zufall, der Pomassl nur zu genau in sein Konzept scheinchaotischer Synchronizitäten zu passen scheint.

»Meine Überlegungen und Arbeiten zu einer taktilen infrasonaren Musik überschneiden sich hier natürlich auch mit Eshuns Definition des »Posthumanen«. Es geht nicht um »Entkörperlichung« sondern um »Hyperverkörperlichung«, wie er sagt. Wenn man so will, kann man meine Sachen auch als »Posthuman Body Music« bezeichen. Mit allen Auslegungsmöglichkeiten, die darin stecken. Die audiotaktilen Abstraktionsmöglichkeiten der seit Dub und Jungle immer stärker werdenden Körperlichkeit innerhalb der Popmusik waren schon immer ein bevorzugtes Experimentiertfeld bei fast allen Laton-Acts. Aber nachdem »Trail Error« ja auch super zum Verscheuchen von Insekten in Wohnungen und Häusern geeignet ist, würde ich sogar auch noch von »Post Animal Music« sprechen

Architectronics beyond 3-D

Bei all diesen Beschäftigungen mit psychoakustischen Wahrnehmungsphänomenen schwebt natürlich ein Begriff wie »Ambient« immer wieder (uneingeladen) von den äußeren Rändern ins Zentrum des Diskurses. Ganz grob kann Ambient ja auf zweierlei Arten definiert werden:
a) als Tapete, Gemälde (an der Wand), Möbelstück (im Raum) zur (akustischen) Ausfüllung schon bestehender Räume, und
b) zur Schaffung real nicht existenter (imaginäre) Räume (die im Hirn/vor dem »geistigen« Auge/Ohr als »Realität« – siehe »Audiohalluzinationen« – wahrgenommen werden).
Zweiteres umschreibt der von Pomassl/Eshun geprägte Begriff »Architectronics« schon recht gut. Aber es geht noch weiter.
Bei Pomassl ermöglicht das Ineinandergreifen unterschiedlichster Frequenzen, Geschwindigkeiten sowie die (scheinbare, in Wirklichkeit aber minimal verschobene bzw. stotternde) Synchronizität differenter Energie/Groove/Zustands/Intensitäts-Levels – auch bei Zimmerlautstärke – unter Umständen wirklich die Transformation des Körpers zu einem Hörorgan.

Stellt sich die berechtigte Frage, warum? Vielleicht deshalb, weil hier das, was so gerne als »Flächen« bezeichnet wird sich nicht nur durch den realen Raum bewegt, sondern diesen (wie auch sich selbst) zerknittert. Der dadurch produzierte vierdimensionale Raum schafft somit erst die (löchrigen) Grundvoraussetzungen für jene imaginären Hör-Räume in denen sich dann besagte akustische Halluzinationen abspielen. »Groove« entsteht hier aus sich durchschneidenden Molekularpartikeln, die sich ineinander verzwirbeln, antreiben, überholen, ein- und ausbremsen.

Aber wo ist dieser »Groove«? Nach Eshun an den Wahrnehmungsrändern (»wo Rhythmus sein sollte ist Raum, und umgekehrt«). Aber bei Pomassl verweisen auch andere Indizien auf jenen »abwesenden Beat« um den sich um den sich für Eshun bei Lee »Scratch« Perry« dessen »spektraler Dub windet«.

Dazu Pomassl: »Rhythmatik als »Rhythzomatik« ist bei der »Skeleton«-Reihe eines der Grundparadigmen. Bei »Tail Error« und »2001« ging es hingegen um in Microbereichen zuerst fix installierte rhythmische Konstanten, die dann zu unsichtbaren Variablen gemacht wurden. Werden die jedoch lokalisiert, kann sich das Hören wie bei einem stets neu gesteckten Slalom durch den Track manövrieren. Es gibt diese Raumöffnungen und -faltungen überall in den Tracks verteilt. Wo, weiß ich manchmal auch nicht. Aber sie können Sogstrudel entwickeln und warten eigentlich nur darauf durch sie hindurchzuschlüpfen

Wird dabei der Point of no Return überschritten kippt/explodiert sozusagen das Hören (»Your head feels like it’s going to explode«, so die New York Press über Pomassls »Trail Error«). Was am Besten mit einer chaostheoretischen Eselsbrücke veranschaulicht werden kann.
»Die Kunst der Chaostheorie liegt darin, uns die dem Chaos eigene Form sehen zu lassen: indem sie uns die Form eines Musters zu erkennen gibt, wo der gewöhnliche Blick nichts als eine formlose Unordnung sieht. Der besondere Blick der Chaostheorie ist gewisser Weise anamorphotisch: wo der normale Frontalblick nichts sieht, sieht der »Blick von der Seite« her ein Muster.« (Slavoj Zizek: Mehr-Genießen. Lacan in der Populärkultur, 1992)

D.h., ein Track bei/mit dem so etwas passiert lässt mich in sein Gewusel hinein. Was jetzt kein »Versinken« in ambiesken Ohrmuschel-Couchen bedeutet, sondern ein »Eintauchen« (in einen »Ocean Of Sound« von mir aus). Egal wohin mich diese Reise/Wanderung auch bringt (»Destination Unknown« ist eh das eigentliche Ziel).
Was beim Frontalhören noch Unzugänglich war bzw. als »reines« Chaos, »purer« Lärm/Noise wahrgenommen wurde, kann jetzt sowohl akustisch Durchschritten wie (in 3-D und darüber hinaus!) kartografiert werden. Durch das anamorphotische Kippen des Hörens verschwimmt zwar die zuvor frontal gehörte »Oberfläche«, dafür treten aber jene, zuvor überhörten Details, die eigentlich den Track strukturieren in den Vordergrund.
Mir zieht es sozusagen den vermeintlichen Boden unter den Füssen weg, dafür bin ich im Wunderland der akustischen Mehrgenüsse und freu mich wie Alice an unterschiedlichsten, pilz- und pillenunabhängigen, Bewusstseins- und Wahrnehmungszuständen.
Anamorphotisches Hören sucht so gesehen sozusagen retroaktiv »The Funk«, der bekanntlich in den Pausen und Breaks (was im Dub sicher nicht zufällig »Space« heißt) entsteht. Hier kann durchgeflutscht, reingekrochen, eingesogen werden. Womit sich auch ein weiteres Möbiusschleifen-Frühstücksei mit Kodwo Eshun anbrechen ließe.
Ähneln Pomassls unsichtbare (d.h., nur von gewissen Blickpunkten aus nicht lokalisierbare) »rhythzomatische« Groove-Variablen doch auch sehr den Funk-Groove-Transformationen von George Clinton. Auch bei P-Funk gibt es gleichzeitig Gravitationsfelder und »Spaces« absoluter Schwerelosigkeit sowie Momente absoluter Ununterscheidbarkeiten wer denn nun den »Groove« vorgibt und woher er kommt .Etwa wenn plötzlich Bernie Worrell mit dem Synthesizer den Bass-Part von Bootsy Collins übernimmt und dieser dann den Bass sozusagen »von oben« auf unseren Köpfen landen lässt (ganz zu schwiegen von Clintons ganz frühen Experimenten mit dem Totalausblenden/Wegfallen lassen der kompletten Rhythmus-Section). Smells Like Dub & verlötet sich auch ganz von selber mit den aktuellen Pomassl-Hirnschmalz-Produkten.

Auditus interruptus

»Nach Dub und »Space«, was ich schlicht als Dub ohne Beats definiere, bedeutet »Auditus Interuptus« den nächsten logi
schen Schritt über die Rändern der äußeren Hörbereiche hinaus. Dabei geht es um radikales Eliminieren, Abbrechen, Rausnehmen, Präzisieren und Reduzieren. Was natürlich auch right in your face passieren kann

Wozu Pomassl auch das »Nichtzustandekommen von angekündigten DJ-Sets und Live-Auftritten« zählt. Ebenso das Schmeißen von Experimentalprogrammen zugunsten von Pickelface-Disco-Musik aus der privaten »Juniortüte« oder Sets mit nur zwei bis drei Platten (wie etwa bei der »10 Jahre Skug«-Party im Wiener B72 wo drei frisch erworbene Remix-Maxis von Madonnas »Music« mehr als die Hälfte des Sets ausmachten).
Letzteres ist natürlich Dub wie ihn einst King Tubby mit ebenfalls nur vier Singles an einem heißen Sommerabend »erfunden« hat. Kann aber auch heftige Reaktionen Seitens des Publikums provozieren.
Schlägereien sind zwar mit der »Reduktion des Hörbaren zur Maximierung des Taktilen« nicht wirklich gemeint, jedoch ist Pomassl als diesbezüglicher De-Eskalteur auch nicht wirklich bekannt.

»Bei »Auditus Interuptus« geht es auch um das bewusste Brechen und Hinterfragen von Erwartungshaltungen. Wie der Titel andeutet kann das auch lusttötend sein. Es geht eben nicht um das ewige Hinauszögern einer Empfindung, eines Begehrens bis zum erlösenden Climax. Es geht auch nicht um’s Scheitern in diesen Angelegenheiten. Ganz bodenständig meint »Auditus Interuptus« das Spielen von Barry White-Platten bis alle die Hosen zum Vorspiel herunten haben. Dann ist jener Moment erreicht an dem die Musik, aber eben auch die dadurch entstandene Stimmung, Vorfreude, Geilheit, Erwartung, zerstört werden muss. Was dich, gerade mit herunter gelassenen Hosen, auch auf deine – und in diesem Fall eher peinliche – Existenz und Körperlichkeit zurückwirft

Aber wo ist bei all dieser »Sonic Science« der »Pop«? Der, so Pomassl, sei ja sowieso eines der Grundnahrungsmittel seiner Arbeiten. Nur werden am Ende der Transformationsprozesse alle noch bestehenden »Originalteile« einfach als unnötiger Ballst entsorgt.
»Eigentlich ist es wie im Jazz oder in der Klassik, wenn jemand eine Variation über ein bekanntes Thema macht, aber alle Töne und Tonreihen des Ausgangsmaterials auslässt.«
Im ab Herbst in Wien startenden, monatlichen »Laton-Club« kann das dann ja alles »am eigenen Leibe erlebt werden«. Rhizonozerosse machen sozusagen.

Discographie:

Ketjak (Laton 12«, 93)
Skeleton (Sabotage/Craft 12″, 96)
Skeleton 2 (Sabotage/Craft 12″, 97)
Trail Error – Pomassl (Laton CD, 97)
Architectronics w/Kodwo Eshun (Craft CD, 99)
Arachnodaktylia/Dyed Ninja Black (Ego Vacuum 12«, 99)
Retrial Error (Laton 2xCD, 01)
2001 (Laton CD, 01)
Skeleton Mix (Craft CD, 01)
Skeleton 3 (Craft 12«, 01)

Compilations:

Epidemic (Sabotage, 95)
Lens Cleaner (Sabotage, 95)
Electro Juice (Sabotage, 96)
Five (Sabotage, 97)
Advanced Vol.2 – (Rough Trade, 97)
Picknick mit Hermann! (Rhiz, 97),
I’m so bored with the U.S.A. (Diskono, 98)
Chill Out (Sabotage, 98),
Verschiedene (Institut für Feinmotorik, 99),
Laton Compilation (Laton, 99/00)
New Forms (Raster-Noton, 2000)

Contact: www.laton.at

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Text
Didi Neidhart

Veröffentlichung
09.09.2001

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