Feist – Phallorezensententum der banalsten Sorte

Der Mann läuft über die Vorrangstra&szlige, bleibt einen Schritt vor der jungen Frau stehen, die am Gehsteig kniend den verstreuten Inhalt ihrer Umhängetasche aufsammelt. Der Rock ist zerrissen, an der Bluse fehlt ein Knopf. Wenn man genau hinschaut, könnte man sie sehen, die verräterischen Details ihrer halb entblö&szligten Weiblichkeit, die kleinen Wölbungen, die verführerischen Schatten ?? aber wer würde bei dieser Frau schon an Sex denken! »Man« sieht, dass sie intelligent ist, sensibel, verletzlich ?? und natürlich ist es der »Mann« in diesem »man«, der das sieht, begutachtet, wertschätzt ?? und schlie&szliglich bekundet. Er tritt von hinten an sie heran, wartet, bis sie sich erhoben hat, und berührt sie dann zärtlich an der Schulter, nickend, fast brüderlich. Es genügt ihm in diesem Augenblick, sich ihr verbunden zu wissen ?? zu wissen, dass er zu den wenigen Menschen zählt (natürlich denkt er »Menschen«, aber er meint »Männer«), die das Wesen dieser Frau zu schätzen wissen, die ihre Kreativität, ihre Genialität erkennen. Er hat nicht einmal eine Erregung dabei, nein, stattdessen wird er später eine dreispaltige Review schreiben. Etwa im »Der Standard« oder in der »Süddeutsche Zeitung«, selbstverständlich auch im »Rolling Stone«, im »Musikexpress«, in »Visions« ?? fast überall dieselbe Artikelüberlänge, dieselbe gönnerhafte Würdigung, in der viel mehr die Rede vom Erkennen der Frau durch den »Mann« als über die Frau selbst ist. Wie viele CDs mit grandioser, diskussionswürdiger Musik gäbe es derzeit ?? aber nein, man lobt die charmante Kaufhausmusik von Leslie Feist über den grünen Klee, als existierten Frauen nur, um den Männern ein Wohlgefallen zu sein. Ein sublimierter Machismo ist das. Ein Phallorezensententum der banalsten Sorte. Eine Hormonerkrankung unter gealterten Musikfeuilletonisten. Eine Niederlage. Aber klar, die neue CD von Feist ist natürlich wirklich schön. Wie schön? So schöööööööööön. Ein böser Schelm, der sich dabei fragt, ob Text- und Schwanzlängen irgendeine Beziehung zueinander haben. Egal. Die Frau vom Anfang dieses Textes ?? was sollte das? Das war natürlich nicht Feist, sondern irgendeine Frau, die ich mir aus dem Gehirn gesaugt habe. Männer können das nämlich. Sich Frauen vorstellen: So wie sie sie gerne hätten. Und wenn sie dann auch noch so eine Musik machen wie Feist, Himmel, wie leicht ist es da, eine dazu passende Phantasie anzuhimmeln. Pffff ?? Feist: »Metals« (Polydor/Universal) Foto © www.facebook.com/feist

Der Mann läuft über die Vorrangstra&szlige, bleibt einen Schritt vor der jungen Frau stehen, die am Gehsteig kniend den verstreuten Inhalt ihrer Umhängetasche aufsammelt. Der Rock ist zerrissen, an der Bluse fehlt ein Knopf. Wenn man genau hinschaut, könnte man sie sehen, die verräterischen Details ihrer halb entblö&szligten Weiblichkeit, die kleinen Wölbungen, die verführerischen Schatten ?? aber wer würde bei dieser Frau schon an Sex denken! »Man« sieht, dass sie intelligent ist, sensibel, verletzlich ?? und natürlich ist es der »Mann« in diesem »man«, der das sieht, begutachtet, wertschätzt ?? und schlie&szliglich bekundet. Er tritt von hinten an sie heran, wartet, bis sie sich erhoben hat, und berührt sie dann zärtlich an der Schulter, nickend, fast brüderlich. Es genügt ihm in diesem Augenblick, sich ihr verbunden zu wissen ?? zu wissen, dass er zu den wenigen Menschen zählt (natürlich denkt er »Menschen«, aber er meint »Männer«), die das Wesen dieser Frau zu schätzen wissen, die ihre Kreativität, ihre Genialität erkennen. Er hat nicht einmal eine Erregung dabei, nein, stattdessen wird er später eine dreispaltige Review schreiben. Etwa im »Der Standard« oder in der »Süddeutsche Zeitung«, selbstverständlich auch im »Rolling Stone«, im »Musikexpress«, in »Visions« ?? fast überall dieselbe Artikelüberlänge, dieselbe gönnerhafte Würdigung, in der viel mehr die Rede vom Erkennen der Frau durch den »Mann« als über die Frau selbst ist. Wie viele CDs mit grandioser, diskussionswürdiger Musik gäbe es derzeit ?? aber nein, man lobt die charmante Kaufhausmusik von Leslie Feist über den grünen Klee, als existierten Frauen nur, um den Männern ein Wohlgefallen zu sein. Ein sublimierter Machismo ist das. Ein Phallorezensententum der banalsten Sorte. Eine Hormonerkrankung unter gealterten Musikfeuilletonisten. Eine Niederlage. Aber klar, die neue CD von Feist ist natürlich wirklich schön. Wie schön? So schöööööööööön. Ein böser Schelm, der sich dabei fragt, ob Text- und Schwanzlängen irgendeine Beziehung zueinander haben. Egal. Die Frau vom Anfang dieses Textes ?? was sollte das? Das war natürlich nicht Feist, sondern irgendeine Frau, die ich mir aus dem Gehirn gesaugt habe. Männer können das nämlich. Sich Frauen vorstellen: So wie sie sie gerne hätten. Und wenn sie dann auch noch so eine Musik machen wie Feist, Himmel, wie leicht ist es da, eine dazu passende Phantasie anzuhimmeln. Pffff ??
FEIST.jpg
Feist:
»Metals«

(Polydor/Universal)

Foto © www.facebook.com/feist

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