Haunted-House-Stories gibt’s wie Sand am Meer und auch Regisseur Daniel Prochaska erfindet in »Das schaurige Haus«, basierend auf dem gleichnamigen Jugendroman von Martina Wildner, das Rad nicht neu. Sabine (Julia Koschitz) zieht mit ihren Söhnen Hendrik (Leon Orlandianyi) und Eddi (Beno Rosskopf) von Hannover nach Bad Eisenkappel (slowenisch: Železna Kapla) in Kärnten, um die nahegelegenen Obir-Tropfsteinhöhlen zu erforschen. Bei ihrer Ankunft werden sie vom schmierigen Immobilienmakler Gerold Röckl (Michael Pink) empfangen – in einem alten, leerstehenden Haus, in dem sie sich während des Sommers einrichten wollen. Vor dem Aufgang zum Dachboden sind Salzlinien gestreut – gegen die Schnecken, meint der Makler. Doch bald stellt sich heraus, dass das nicht die einzigen Plagegeister sind, von denen das Haus heimgesucht wird. Ein 40 Jahre zurückliegender Mord – eine Mutter soll ihre beiden Söhne vergiftet und sich im Anschluss selbst getötet haben – bringt das Haus bei der Nachbarschaft in Verruf. Und das zu Recht, wie sich schnell herauskristallisiert, als Eddi die Salzbegrenzung durchbricht und die Geister loslässt. Gemeinsam mit ihren neuen Freund*innen Fritz (Lars Bitterlich) und Ida (Marii Weichsler) versuchen Hendrik und Eddi, dem Rätsel auf den Grund zu gehen, und machen sich mit detektivischem Eifer daran, das Geheimnis um das Spukhaus zu lüften.
Was »Das schaurige Haus« von anderen Geister-/Coming-of-age-Geschichten unterscheidet, ist vor allem das Setting im Kärntner Grenzgebiet zu Slowenien (anders als im Buch, das im Allgäu spielt). Die ermordeten Kinder gehören der Minderheit der Kärntner Slowen*innen an und so machen sich auch ihre Geister auf Slowenisch bemerkbar, was wieder nur Ida verstehen und übersetzen kann. Überhaupt: Sprachbarrieren. Fritz stellt sich bei Hendrik in absichtlich langsam und betont »schön« gesprochenem Deutsch vor, damit er ihn versteht – dabei ist der Kärntner Dialekt ohnehin getragen und für unsere deutschen Nachbar*innen wahrscheinlich vergleichsweise leicht zu durchschauen (Semmeln hin oder her). Tatsächlich hätte es dem Film gutgetan, die sprachlichen Eigenarten weniger zu thematisieren, als, wie es bei Ida der Fall ist, unverfälscht wiederzugeben, d. h. (mehr) heimische Schauspieler*innen zu casten. So springt der Text zwischen Deutsch, Slowenisch, Kärntnerisch und diversen Dialekt- und Akzentfärbungen hin und her und verliert dabei leider an Dynamik und Authentizität. Auch etwas politischer Kontext hätte der Geschichte vor dem Hintergrund eines in Kärnten nach wie vor anhaltenden ethnischen Konflikts nicht schaden und eine relevante zusätzliche Ebene geben können, aber, nun gut, Kino ist kein Wunschkonzert …
So entpuppt sich als Grund für den Spuk letzten Endes ein – Achtung, Spoiler! – simples Eifersuchtsdrama, die Schuldigen werden ausfindig gemacht und geben sich reumütig, die Geister sind besänftigt und der Frieden im Kärntner Unterland ist wiederhergestellt. Unterm Strich alles ein bisschen zu einfach, zu glatt und zu vorhersehbar – von der Rolle des Bösewichts bis zum Showdown in der Höhle. Das Ganze wird gerahmt von schönen Luftaufnahmen der Kärntner Landschaft und einer soliden schauspielerischen Leistung vor allem der beteiligten Kinder und Jugendlichen – allen voran Newcomerin Marii Weichsel in ihrer Rolle als Ida. Kein Material für Filmpreise, kein Stoff für Kontroversen, aber gelungene anderthalb Stunden Unterhaltung für die ganze Familie (ab 10 Jahren) allemal.
»Das schaurige Haus« ist im Rahmen des Slash Filmfestivals am Samstag, dem 26. September um 18:00 Uhr im Filmcasino zu sehen und startet am 30. Oktober – also gerade rechtzeitig zu Halloween – regulär in den österreichischen Kinos.
Links:
http://www.dasschaurigehaus.at/
https://slashfilmfestival.com/programm-2020/the-creepy-house/