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Enno Velthuys / Paul Riedl

»Split«

Dead Mind

Vor Kurzem erschien ein Soloalbum von Morris Kolontyrsky, dem anderen Gitarristen von Blood Incantation, und nun gibt es auch von Paul Riedl eine neue Veröffentlichung. Der hat als Ambient-Musiker schon ein paar Alben vorzuweisen und wie bei Kolontyrsky erscheint auch Riedls kosmischer Kurierdienst als Dienstleistung zwischen Denkmalpflege und traditionsbewusster Suche nach eigenen Wegen, um innere und äußere Landschaften zu bereisen. Die vorliegende Veröffentlichung teilt er sich mit Enno Velthuys. Der bereits 2009 verstorbene Niederländer veröffentlichte in den 1980er-Jahren instrumentale elektronische Musik und die Kompositionen der beiden passen gut zueinander. Ihre sphärischen Klänge huldigen Pionieren der elektronischen Synthesizer-Musik, wie Klaus Schulze, Edgar Froese, Vangelis, John Carpenter, Hans-Jochim Roedelius, Mort Garson oder Wendy Carlos, so wie es vor ihnen schon Nik Tyndall, Adelbert von Deyen, Bernd Kistenmacher, JD Emmanuel, Steven Halpern und viele andere Autodidakt*innen der Berliner Schule und Absolvent*innen des kalifornischen Mills College oder der New Yorker Juilliard School getan haben. Bis in die Gegenwart und unzählige Heimstudios hinein hat dieser vielfältige Klangkosmos nichts an Faszination und Anziehungskraft eingebüßt und in der Erkundung dieses musikalischen Universums ist jede Weltraummetapher wirklich angemessen, denn unendlich sind die Weiten in der Tat und der Versuch, den Überblick zu erlangen, ist zum Scheitern verurteilt. Alle paar Jahre erscheinen unterschiedlich akzentuierte Zusammenstellungen, wie etwa »I Am The Center: Private Issue New Age Music In America, 1950–1990« (2013) und »(The Microcosm) Visionary Music Of Continental Europe, 1970–1986« (2016), die zwar sorgfältig kuratiert sind und sich redlich bemühen, auch die Ränder der jeweiligen Genres zu beleuchten, aber solche Veröffentlichungen sind lediglich hübsche Artefakte für die Vitrine, wie Meteoriten, die in Astronomiemuseen bestaunt werden können: Bruchstücke von etwas viel Größerem. Allerdings muss man sich von der Existenz all dessen, was da draußen an Ambient-, New-Age- und anderer, mal mehr, mal weniger meditativer elektronischer Musik existiert, nicht verunsichern lassen und kann auch einfach genießen, was einem so in den Blick gerät bzw. zu Ohren kommt. In diesem Falle eben die Klangreisen von Enno Velthuys und Paul Riedl. Die Aufnahmen beider Musiker sind aus ihren jeweiligen Archiven zusammengesucht und nicht genauer datiert. Das ist ja beim Universum auch nicht anders. Passt also alles.  

Home / Rezensionen

Text
Holger Adam

Veröffentlichung
17.10.2025

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