Schön, Leise ist immer noch das neue Laut, immer wieder mal mehr und momentan besonders verstärkt. Zwei Alben, zwei Musiker, die sich vorzüglichst einreihen lassen in die Riege der kauzigen Hippies, Waldschrate, Harfenistinnen aus der Elfenwelt und akustischen Wanderprediger, die da momentan vermehrt und publikumswirksam herumtollen in den Sphären von Neo-Folk, Anti-Folk, Freak-Folk, Was-Weiß-Ich-Folk oder bloß: Folk. Beide Herren bearbeiten demnach bevorzugt ihr Lieblingsinstrument Gitarre mit sanftem Händchen, beide sind Inhaber und stolze Verwender von »distinctive voices«, wie man so sagt. Hallo, Devendra! Tom Brosseau schickt mit seiner hohen, zerbrechlichen Stimme Schmerzen durch den eigenen Körper und den des Zuhörers und setzt auf höchst sparsame Instrumentierung. Perdautz! Steht da Jeff Buckley in der Tür? Nein, das war nur der CD-Player. Hier wird wacker Leidens-Territorium durchschritten, textlich wird mit der fein geschliffenen Klinge geschnitzt. In einem Stück erklärt Brosseau ob und wie man denn eine Frau aus dem Boden wachsen lassen könnte. Was die Einsamkeit alles für Sachen mit einem anstellt! Neue Äcker werden hier also nicht aufgerissen, den Mitgliedsausweis für den Club des Lamentos haben Nick Drake und Woody Guthrie schon unterschrieben.
Drowsy nennt sich das Projekt des 23-jährigen Finnen Mauri Heikinnen, der sich auf seinem zweiten Album einen Hauch versatiler und schwungvoller als Brosseau präsentiert. Kopfüber stürzt er sich in das erste Stück, das mit seinem Gitarren-Geschrammel und quäkendem, von Tatendrang getriebenem Gesang ein wenig an den Mittelalterfolk von Neutral Milk Hotel oder den Decemberists erinnert, während das zweite Stück dann wiederum eher Zeit für Zärtlichkeit bietet, wobei: Auf die stimmlichen Experimente Heikinnens müssen Gehörgänge und Wohlgefallensbarometer erst mal näher eingetunt werden. Munter geht’s dann weiter, oszillierend zwischen den Polen Forsch-Fordernd und Tales-From-Unter-Der-Bettdecke bleibt dann auch gelegentlich Platz für Akkordeon oder Piano. Am wohlsten fühlt sich Heikinnen aber hörbar mit der guten, alten 6-Saitigen. Singer/Songwriter ist das Zauberwort, auch hier spricht Nick Drake häufiger seinen Segen.
Zweimal zehn feine Songs aus dem kleinen Kämmerlein.