Lukas König © Eckhart Derschmidt
Lukas König © Eckhart Derschmidt

Ein Kessel Buntes aus heimischem Anbau

Jazz Saalfelden Weekender will weder das eigentliche Jazzfestival Saalfelden sein, noch möchte es als Notprogramm im Corona-Krisenjahr gelten. Stattdessen geht man die Sache mit dem Jazz heuer vom 20. bis 23. August bunter und regionaler an als je zuvor.

Es stand wahrlich in den Sternen, ob es im Jahr 2020 überhaupt ein wie auch immer geartetes Festival in Saalfelden geben würde. Erst im Mai, nach der Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen, keimte wieder Hoffnung auf. »Ende Mai haben wir neu zu planen begonnen«, erzählt Mario Steidl, der künstlerische Leiter des Festivals. Ein Mammutprojekt, wie er unumwunden zugibt: »Wir haben 40 Konzerte in rund sechs Wochen geplant.« Zudem habe man ein 32-seitiges COVID-Konzept erarbeiten müssen.

Die Spielorte sind in diesem Jahr nicht zuletzt deshalb auch andere. Die große Mainstage im Congress-Saal wird ebenso nicht bespielt wie die große Bühne auf dem Stadtplatz. Die Konzerte finden in diesem Jahr im Stadtpark, im Kunsthaus Nexus, auf Almen, im Museum Schloss Ritzen, in der Ranch, auf der Congress-Dachterrasse, in der Buchbinderei Fuchs und in einer Kirche statt. Der Platz für das Publikum ist darüber hinaus relativ reduziert. »Ins Nexus, in das ansonsten gut und gerne 300 Leute passen, gehen jetzt gerade mal noch 100 Leute hinein«, nennt der künstlerische Leiter handfeste Zahlen.

Cari Cari © Andreas Jakwerth

Ein bunt gemischtes Programm im Ausnahmejahr
Das Programm sei dieses Mal zwar insgesamt nicht zwingend bunter, dafür aber auf den einzelnen Bühnen bunter durchgemischt, so Steidl. »Es geht von Jazz bis Pop, manchmal sogar auf ein und derselben Bühne«, berichtet Steidl. »Obwohl natürlich nach wie vor gut 70 Prozent der Acts dem Jazz zuzuordnen sind«, fügt er hinzu. Insgesamt wolle man aber »genreübergreifend Zuversicht verbreiten und unterschiedlichste Künstler*innen an Bord holen«. Auf Acts aus »Übersee« habe man aber gänzlich verzichtet. Natürlich vor allem »aufgrund der Corona-Situation«, aber auch, um »Solidarität mit der heimischen Musik- und Kulturszene zu zeigen«.

Etwaige und bereits vereinzelt geäußert Vorwürfe, dass der Jazz Saalfelden Weekender durch Combos wie beispielsweise Voodoo Jürgens verwässert werde, will Steidl nicht auf sich sitzen lassen. »Wir hatten auch schon vor dem Krisenjahr die Idee, verstärkt gute Pop-Acts einzubinden.« Sehr wohl anders, zumindest in der Quantität, ist das Programm aber heuer in der Zusammensetzung: »Fast 80 Prozent des Programms wird von Österreicher*innen bestritten.«

Mira Lu Kovacs © Ina Aydogan

Ein Programm mit alten Bekannten und Neulingen
Tatsächlich genügt aber ein genauerer Blick auf das Programm, um den Jazz Saalfelden Weekender als Jazzfestival mit einem offenen Mindset zu erkennen. Man begegnet überraschend vielen alten Bekannten, die wohl auch beim Jazzfestival Saalfelden gespielt hätten. Unter anderem steht Mario Roms Interzone am Programm und auch Lukas König gibt sich sowohl in einer Trio-Impro-Session als auch mit seinem Soloprogramm Koenig ein Stelldichein.

Etwas weg von Jazz und Impro geht es hingegen beispielsweise mit der Wiener Musikerin Ankathie Koi, die sich in nostalgischen Power-Pop-Entwürfen für eine grellere Zukunft versucht. Auch Mira Lu Kovacs, bekannt für ihre außergewöhnliche Songwriter-Kunst und ihre Genre-Wendigkeit, geht heuer in reduziertem Trio-Format ins Rennen. Und dann wären da noch Cari Cari, die mit erdigen Gitarrensounds und als grandiose Live-Band glänzen werden. Ebenfalls neben der bekannten Jazz-Spur bewegt sich Alicia Edelweiss, die samt Band ihre extravaganten Freak-Folk-Auslegungen feilbieten wird. Bei all diesen Genre- und Sound-Ausflügen mag es dann für Jazz-Purist*innen schon fast wieder versöhnlich anmuten, mit dem Trompeter Lorenz Raab einen alten Bekannten wiederzutreffen. In der Kirche in Saalfelden spielt dieser im Trio ein neues Programm, das er eigens für dieses Konzert komponiert hat.

Fazit
Das Programm im vielbeschworenen Krisenjahr muss sich absolut nicht verstecken. Die stilistische Durchmischung auf den Bühnen ist größer als je zuvor – und wenn jemand über Voodoo Jürgens zu seiner Liebe zur improvisierten Musik findet, dann kann das ja wohl nur gut und recht sein. Genre-Grenzen sind schließlich dann passé, wenn die stilübergreifende Qualität gegeben ist. Und das ist beim Jazz Saalfelden Weekender ohne Zweifel der Fall.

Link: https://www.jazzsaalfelden.com

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