Das Verbot steckt im Namen: DJ Haram alias Zubeyda Muzeyyen. Passt, denn Widerstand gehört zur DNA der selbsternannten »multidisciplinary propagandist«. Daneben ist die US-Amerikanerin auch als Produzentin, DJ und Musikerin aktiv. Aufsehen erregte sie zuletzt mit der Kollaboration 700 Bliss, einem wütenden Noise-Rap-Projekt in Kollaboration mit der umtriebigen Rapperin und Jazzerin Moor Mother. Jetzt steht mit »Beside Myself« DJ Harams erstes Soloalbum an und – Überraschung – lässt nichts von der Aggressivität der früheren Projekte missen. Ihre Programmatik bleibt »anti-format audio propaganda / anti-lifestyle immersive sonics«. Vielleicht greift das zu weit, daneben ist es aber auch nicht: Statt einem klassischen HipHop-Album präsentiert die Musikerin einen sprunghaften Mix aus HipHop, Rave und antikolonialer Ästhetik. Als Gäste sind Artists wie Moor Mother, Rapper August Fanon, das Duo Armand Hammer und Trompeter Aquiles Navarro geladen (letzterer ist wiederum Moor Mothers Bandkollege im Jazzkollektiv Irreversible Entanglements). Neben dem schieren Vielklang an Stimmen und (oft geloopten) Sounds ist es gerade die raue Produktion des Albums, die Spaß bereitet. Dabei finden sich im Mix diverse aufgedrehte nahöstliche Instrumente wie Tamburine und Darbuka Drums neben schneidenden Rave-Synthesizern, vollen Bässen und hallenden Echo-Voices. Die irre Melange schraubt sich bisweilen in psychedelische Dimensionen, die dem Offbeat-HipHop von Gonjasufi nahe sind oder dem spacigen Rap von Shabazz Palaces. Oft erinnert »Beside Myself« mit seinen präzise abgemischten nahöstlichen Percussions aber auch an das exzellente »Eyeroll« der Berliner Produzentin Ziúr. Die Lyrics des Albums kippen vom offenen Protest gegen Macker, Arschlöcher und unterdrückerische Systeme immer wieder ins Abstrakte, die richtungslose Verzweiflung scheint durch: »I coulda been this world’s thickest eco-terrorist / But I’m in the green room drunk looking for cannabis«. Irgendwann sind sogar Metal-Gitarren zu hören, dazu die schlichte Line: »I don’t give a fuck«. Man glaubt es DJ Haram sofort und ist jeden Moment der 40 Minuten gespannt, welche Soundquellen sie für ihren akustischen Widerstand noch anzapfen wird. »Beside Myself« ist in jedem Fall heißer Anwärter für das kompromissloseste Sommerpartyalbum 2025. Oder um es mit DJ Haram zu sagen: »This album is the antithesis to ›joy is resistance‹. I make the music that I need. No music has healed me yet. No music has healed the earth. No music inherently subverts fetishization.«
DJ Haram
»Beside Myself«
Hyperdub Records
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