Was genau hier beschädigt wird, bleibt unklar – jedenfalls geht es ans Eingemachte der Audiowahrnehmung. »Sachbeschädigung Of The Hörgeräte« von Deathvanatik ist eine rau-rotzig-radikal-rumpelnde Dekonstruktion musikalischer Erwartungshaltungen. Trash-Ästhetik heiratet Elektropunk-Wahnsinn, Breakbeats verloben sich mit Sprachsamples, Industrial datet augenzwinkernde oder tief erschütternde Stilzitate. Es klingt nach Berlin 1996, Wien 2003, einem hoffnungslos verirrten Gameboy und der falschen Dosis Hustensaft. Deathvanatik ist ein Act für den gepflegten Wohnzimmerabend – weil akustisches Äquivalent einer zerbeulten Spraydose in einem Zugabteil zwischen Tullnerfeld und Unter-der-Untertunnelung. Auf den Nebengleisen der Musikindustrie unterwegs, kultiviert das Projekt einen anarchischen Sound, der amüsant aufschreckt und dabei immer ein bisserl mehr weiß, als er vorgibt zu wissen. Der zweite Track »Versüfte Undahhouse« ist, dem duftenden Titel zum Trotz, ein Bassmonster mit scheppernden Schussgeräuschen und einer wunderbar verdreckten Groove-Logik. Kokettiert mit tiefer Underground-Rhetorik; durchblitzt mit ironischem Augenzwinkern und einer hübschen Spracheinleitung nebst eingestreuten Zitaten. »Wow what a Asi« (sic!) changiert zwischen Gezwitscher und lieblichem Wauwau, die unvermeidlichen Salven bleiben unvermieden. Fast noch stärker wirkt »Midlife Crisis is Back«, ein fast siebenminütiger Streifzug durch dystopische Klangräume. Die Beats wirken zunächst wie rückwärts abgespielt, Noise-Schleifen zerlegen das rhythmische Rückgrat und mittendrin ruft die gesampelte Stimme eines bekannten Comedian lakonisch: »Ich will gar nicht jünger aussehen!« Der Humor ist so rabenschwarz wie der Sound. Die Trackliste ist ein Triumph des gepflegten Wahnsinns. Von »In der Einrichtung …« über »Wachkomma of the Hörgeräte« bis »Anal Riss (ft. Exop(09@HY$ Aka Bauchschmerzen))« wird mit sprachlicher Präzision und maximaler Geschmacklosigkeit ein Vexierspiel aus Dada, Siff und Genialität betrieben. Der schönste Titel? Vermutlich: »Telling Them You Are Schore Abhängig« – eine Art Meta-Bekenntnis an die Berliner Schule der Selbstzerstörung. OTCRAH Records, das mexikanische (!) Label hinter dem Release, liefert seit einiger Zeit einen immer größer werdenden Fundus an kompromisslosen DIY-Veröffentlichungen, die zwischen Klangexperiment, Antipop und Humortherapie oszillieren. Wer dort veröffentlicht, meint es ernst – mit dem Unsinn, mit der Formzersetzung, mit der Lust am Radikalen. Deathvanatik passt da genau wie der nasse Fetzen ins Gesicht. Aus dem Lachen kommen Hörende kaum heraus, es sei denn, es bleibt ihnen im Halse stecken: Selten so ein geiles Album gehört.
Deathvanatik
»Sachbeschädigung Of The Hörgeräte«
OTCRAH Records
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