Drei Jugendliche in einer Schulklasse schwärmen für New Kids On The Block, die Schwarze Musik mit Hilfe weißer Jungs auf die Bühne bringen sollten. Weiße Kids, die zumindest Breakdance beherrschten und in Arbeitervierteln mit vielen Schwarzen Kids aufgewachsen waren. Ein durchschlagender Erfolg der künstlich gegründeten Gruppe folgte. »Der Papa von einem Klassenkameraden fuhr mit uns dreien von Tirol aus im Wohnmobil nach Wien, als New Kids On The Block ein Konzert gaben«, erzählt Ulli. »Wir gingen mit diesem Vater in den McDonalds beim Stephansplatz essen und … rate mal, wer dort war?« Das Unwahrscheinliche passierte: Die New Kids On The Block hatten auch gerade Heißhunger auf Hamburger. »Wir erfuhren, in welchem Hotel sie wohnten, und gingen hin. Leider haben wir meinen Liebling Joey, der mit zwölf Jahren zur Gruppe dazukam, nicht getroffen. Erst um drei, vier Uhr in der Früh gingen wir zurück ins Wohnmobil. Ich war so euphorisch nach dem Konzert, in einer Art Wahnrausch, und wollte es sofort meinen Eltern sagen, rief sie an und weckte sie auf!« Ulli lacht. Wie die Eltern auf die nächtliche Störung reagierten, ist nicht überliefert.
Verzweiflung und Erinnerungsverlust
2016 wollte Ulli, von Beruf OP-Schwester in einer Klinik, beim Dreiländergiro mitfahren, doch sie erlitt einen schweren Unfall: Ein Rennradfahrer, der wohl in ihrem Windschatten mitfuhr, ohne dass sie das bemerkte, fuhr sie nieder und verschwand spurlos für immer. Fahrerflucht! Der Fahrradhelm war durch die Wucht des Aufpralls dreimal gespalten worden. Sie blieb bewusstlos auf der Straße zurück und verbrachte einige Zeit auf der Intensivstation. Durch das Schädel-Hirn-Trauma waren viele Erinnerungen einfach verschwunden und sind zum Teil bis heute nicht mehr auffindbar. Ulli war verzweifelt. Ein halbes Jahr lang war ihr Gehirn völlig out of order, sie musste wieder bei ihren Eltern einziehen, verlor ihren Job und »wie ein kleines Kind habe ich mir nichts mehr dermerkt«. Ulli fühlte sich durch die eingekapselten Hämatome im Gehirn wieder wie in ihre Jugend zurückgeworfen und erzählte ihrer Mutter sehr viele Sachen aus ihrer Adoleszenz, die diese nicht wusste. Sie musste sich quasi noch einmal von ihrem Elternhaus abnabeln. Eigentlich wollte Ulli dann gar nicht auf das Konzert von Herbert Grönemeyer mitfahren, doch ihre Schwester überredete sie. Die beiden waren im Laufe der Jahre schon auf einigen Konzerten Grönemeyers gewesen und sind große Fans. Der Unfall war im April und im Juni besuchte die Schwester mit ihr das Konzert in Salzburg, ein Open Air am Residenzplatz.
Hoffnung und Buckelwale
Ulli zog ihre Schwester an der Hand ganz nach vorne zur Bühne, denn seit dem Unfall hätte sie sich »nichts mehr g’schissen«. Dann folgte das unglaubliche Wunder: »Ab dem ersten Lied habe ich mich plötzlich an alle Texte erinnert! Ich habe nur noch geheult. Und mir das erste Mal nach dem Unfall gedacht: Das wird schon wieder!« Bis heute ist sie dem Musiker Herbert Grönemeyer extrem dankbar, der ja eigentlich nichts für ihre teilweise Genesung kann – außer, dass er Texte schreibt, die manchen Menschen sehr nahegehen. »Grönemeyer ist einer der Gründe, dass ich aus der Situation wieder herauskommen werde«, ist sich Ulli sicher. Ein anderer Grund ist natürlich ihre Schwester, die sie absolut nicht aufgeben wollte. Mittlerweile haben die beiden an die fünfzehn Konzerte Grönemeyers besucht. Ulli schrieb auch einen Dankesbrief an ihn, der über Ö3 übermittelt wurde – doch er antwortete nie. Seltsam für einen Musiker, der viel Wert auf Fantum legt. Für seinen Song »Sekundenglück« wurden zum Beispiel die Fans aufgerufen, kleine Filme zu schicken. Ulli und ihr Mann schickten die Aufnahme eines Buckelwals aus der Dominikanischen Republik, der im Video zum Song enthalten ist.












