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Dan Melchior

»Hill Country Piano«

Penultimate Press

Das musikalische Selbstgespräch als Genre, die selbstvergessene Geste in der Auseinandersetzung mit einem Instrument, hier dem Klavier. Die künstlerische Alltagspraxis der Improvisation, aufgenommen und veröffentlicht als Werkstattbericht mit mehr oder weniger konzeptuellem Überbau. Da fallen mir spontan »Pianoon« von Limpe Fuchs und »Crooked Dances« von Derek Baron ein. Baron tastete sich an Erik Satie heran und ließ einen dabei zuhören – Umgebungsgeräusche inklusive. Fuchs spielte, was ihr so einfiel, und die Home-Recordings auf dem Flügel waren zunächst nur für den Eigenbedarf bestimmt. Dem belgischen Label Futura Resistenza gefielen die Aufnahmen aber so gut, dass sie diese mehr oder weniger »unbehandelt« veröffentlichten. Dan Melchiors Album dokumentiert sein Klavier-vor-sich-hin-Spielen »whilst listening to previous recordings on headphones«. Vorherige Aufnahmen wovon? Darüber gibt der Pressetext zum Album keinen Aufschluss. Wir hören also nur die Hälfte dessen, was Dan Melchior hörte, als er »Hill Country Piano« aufnahm. Übrig geblieben sind vier naive, repetitive Klavierstücke, hier und da um weitere Instrumente nachträglich spärlich ergänzt, die in der Summe ein charmantes Album ergeben. Inspiriertes Geklimper, ein Dokument der Neugier und der Freude daran, Töne zu entdecken und zu wiederholen – zu »spielen«, im doppelten Sinn des Wortes, auf dem Instrument und darin versunken wie ein Kind. Diese dilettantische Klangforschung überzeugt in ihrem Ergebnis, weil sie gar nicht vorgibt, mehr sein zu wollen als spontane Studien eines Amateurs. Dan Melchior ist kein Pianist, und er war in seinem Leben schon vieles (nicht im professionellen Sinne): Garage-Punk-Rocker, Maler, experimenteller Lo-Fi-Avantgardist, Klangkünstler … alles ohne Diplom oder andere Zertifikate, aber immer mit Herz und Verstand und einer daraus resultierenden umfangreichen Diskographie. »Hill Country Piano« fügt dem bunten Universum des Exil-Briten, der lange schon in den USA lebt, eine weitere Dimension hinzu. Gut so und weiter geht’s, wer weiß schon, was als nächstes kommt?

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Text
Holger Adam

Veröffentlichung
25.03.2025

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