Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert. Diese vordergründig enthemmt erscheinende Maxime ist den Cosmic Psychos noch zu prüde. Das australische Trio hatte noch nie etwas zu verlieren (außer kurzzeitig die Farm von Ross Knight, wo auch die Garage steht, in der Musik gemacht wird). Niveau ist für sie eine Creme, die sie sich zur Pflege auf den nackten Hintern schmieren, um ihn, so will es die Tradition, zum Ende jeder Live-Show ihrem Publikum zu präsentieren. Sie sind sich schon immer und grundsätzlich für nichts zu schade und schonen auch ihr Umfeld nicht. Die zelebrierte Infantilität, das absichtsvoll stumpfe Herumreiten auf albernen, sich wiederholenden Themen bei Einsatz minimal-brachialer musikalischer Mittel bestimmt bei den Cosmic Psychos das ästhetische Programm und sie erreichen in der Ausübung ihrer Kunst mithin philosophische Tiefe: Der beherzte Bierfurz als Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft, quasi. Das kann einem schon auch stinken. Dann wird man sich ob der obszönen Gesten und Geräusche angewidert abwenden und an die frische Luft gehen. Ich aber bleibe, denn ich störe mich an den im Grunde harmlosen Provokationen der Cosmic Psychos gar nicht, im Gegenteil. Angesichts ihres konsequent durchgehaltenen Narrentums muss ich genauso blöd grinsen wie Ross Knight und Mad Macka und kriege Durst, denn auch für mich gilt: »I Really Like Beer«. Und wo wir nun unter uns sind, können wir ungestört der Lust an grobschlächtigem Drei-Akkorde-Punkrock und Bier frönen. Hopfen und Malz sind hier nicht verloren, sondern bestens aufgehoben, und so, wie sich an der inhaltlichen Zusammensetzung des bevorzugten Kaltgetränks nichts ändert, so unverändert ist seit 40 Jahren die musikalische Rezeptur der Cosmic Psychos. Im Vergleich zu Alben wie »Go The Hack« wirkt »I Really Like Beer« zwar hier und da etwas abgestanden, aber das ist eigentlich egal. Sie sind eben nicht mehr die jüngsten, aber auch nicht totzukriegen – und sie haben es geschafft, sich treu zu bleiben, indem sie konsequent nichts dazugelernt haben. Keine Experimente, kein Bullshit. Mit dieser Haltung sind sie nicht nur dickköpfig vor die Wand gerannt, sondern haben auch zahllose Bands wie z. B. die sehr erfolgreichen Amyl & The Sniffers beeinflusst. Dass ihr Sound auch maßgeblich die Seattle-Szene Ende der 1980er-Jahre mitgeprägt hat, davon kann man sich ein Bild machen, wenn man sich die Dokumentation »Blokes You Can Trust« anschaut, in der Kollegen von Mudhoney und Pearl Jam sowie Nirvana-Produzent Butch Vig ihrer Bewunderung für die Cosmic Psychos alkoholisch-anekdotisch Ausdruck verleihen. Ich sage das gar nicht zur Ehrenrettung, wie gesagt, da gibt es nichts zu retten. Es gilt nur, mitzuhalten. Prost.
Cosmic Psychos
»I Really Like Beer«
Subway
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