Die Cheater Slicks waren nie dazu bestimmt, mit ihrem rumpeligen Garage-Punk ein größeres Publikum zu erreichen. Für einen kurzen Moment aber kam dem Trio aus Columbus, Ohio, etwas mehr Aufmerksamkeit zu, als Jon Spencer auserkoren wurde, »Don’t Like You«, ihr Album von 1995, zu produzieren. Spencer vereinte zu dieser Zeit in seiner Person Szene-Credibility (Pussy Galore, Gibson Bros.) mit einer relativen Sichtbarkeit im Indie-Mainstream (die Blues Explosion war von Crypt zu Matador gewechselt und wurde in Europa von Mute Records verlegt) und erschien daher als der geeignete Kandidat, den drei hässlichen Entlein ein neues, schillernderes Outfit zu verpassen und somit potenziell mehr Aufmerksamkeit zu bescheren. Er frisierte den Sound der Cheater Slicks mit der Rasierklinge, drehte sämtliche Regler nach rechts und über das Ergebnis herrschte schon zum damaligen Zeitpunkt eine geteilte Meinung. Die konsequent übersteuerte, um Mitten reduzierte und mit ordentlich Hall angereicherte Produktion des Albums betonte zwar den immer schon ins Manische neigenden Sound des Trios, aber der deutlich aggressivere Gestus kam nicht überall gut an. Vielleicht kann man es so verdeutlichen: Wenn die Cheater Slicks bis dahin zu Trägheit neigende Biertrinker waren, so wurden sie jetzt mit Amphetaminen aufgeputscht und die daraus resultierende aufgekratzte Stimmung schreckte auch die eher der beruhigenden Wirkung des Hopfens zugeneigte Fangemeinde auf: Was war denn nun los? Was ich hier zu beschreiben versuche, kann jetzt zuhause vor dem Plattenspieler vergleichend nachvollzogen werden, denn die Jubiläumsausgabe von »Don’t Like You« zum Dreißigjährigen beinhaltet neben dem Original-Mix von Jon Spencer auch die Demoaufnahmen des Albums (inklusive zusätzlicher Titel). Ulkig ist die formale Bezeichnung der alternativen Aufnahmen als »Demos«, denn unter den (nicht nur damals) üblichen Produktionsstandards des Genres betrachtet gehen die Songs als »fertig« durch. Sie entsprechen im Vergleich zu Spencers Interpretation eher dem üblichen Stil der Cheater Slicks, ihrer sehr eigentümlichen, verkatert-niedergeschlagenen Psychedelik, die Songs wie »There’s A Girl« oder »Mystery Ship« auszeichnet. Das stoische Bearbeiten von Gitarren und Schlagzeug erinnert oft an den kunstvollen Lärm von The Velvet Underground und live haben die Cheater Slicks sich schon hier und da »Sister Ray« zu eigen gemacht. Will sagen: Aller vermeintlichen Verschnarchtheit und ausgestellten Antriebslosigkeit zum Trotz, man darf diese Haltung nicht mit geistiger Trübheit verwechseln. Die Cheater Slicks wissen ganz genau, wie der Hase läuft, aber sie stellen ihr Licht unter den Scheffel und wollen nicht so, wie sie sicherlich könnten – aber wozu, was soll’s? Nicht zufällig finden sich unter den Bonustracks der Doppel-LP auch Coverversionen von Alex Chilton und Jonathan Richman, zwei weiteren Vertretern des eher gemächlichen aber deshalb nicht weniger konsequent durchgehaltenen Rock’n’Roll-Lifestyles. Fazit? Nun, unabhängig davon, welcher Mix der Songs von »Don’t Like You« einem eher zusagt, es steht außer Frage, dass alle Alben der Cheater Slicks all jenen als unverzichtbar gelten, die Veröffentlichungen aus dem Katalog von klassischen Labels des Garage Punk der Neunzigerjahre (In The Red, Crypt Records, Sympathy For The Record Industry, Estrus etc.) mit gichtsteifen Fingern aus dem heimischen Plattenregal ziehen. Junge Menschen mit Hang zu ungestümen und mithin groben musikalischen Gesten könnten sich aus Anlass der erweiterten Wiederveröffentlichung von »Don’t Like You (30th Anniversary Edition)« zum Geschichtsstudium einladen lassen. Macht man nix falsch, im Gegenteil.
Cheater Slicks
»Don’t Like You (30th Anniversary Edition)«
In The Red Records
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