Charlemagne Palestine mag keine Grenzen: Seine Kunst ist dem Moment der Transgression verschrieben, der permanenten Ûbertretung und der Ablehnung kategorialer oder gar akademischer Zuschreibungen. Der als Chaim Palestine geborene Sohn jüdischer Immigranten in New York wandelte sich in Charles Martin – und schließlich hin zu Charlemagne Palestine. Das selbstgewählte Pseudonym ist Ausdruck des allumfassenden Anspruchs eines Programms, das keine Beschränkungen anerkennen will. Aus dem in Synagogen singenden Jungen und dem beauftragten Kirchenglöckner wurde über die Jahrzehnte eine Größe der experimentellen Musik, aber auf eigenen Wunsch auch ein Wanderer zwischen den Disziplinen: Namentlich zwischen Karl dem Großen und den familiären Wurzeln changierend entfaltet sich ein vitales Chaos, unter dem sich musikalische Arbeiten, Sound Art, Skulpturen, Appropriationen und auch filmische Werke gebündelt finden.
Wenig überraschend kann Palestine mit dem ihm oft zugeschriebenen Begriff des (musikalischen) Minimalismus wenig anfangen. Auch wenn Zusammenarbeiten bzw. nachvollziehbare Vergleiche mit Tony Conrad, Moondog oder Steve Reich nachweisbar sind – der vom Künstler selbst propagierte »Maximalismus« scheint als Beschreibung für den Kategorienverweigerer da tatsächlich weit besser zu entsprechen. Palestines vielzitiertes Credo »I’m a walking bordello« unterstreicht noch zusätzlich das Ineinandergreifen seiner Arbeiten, sein buntes, mitunter chaotisch anmutendes Universum, das auch eine entsprechende Selbstinszenierung mit meint. In seinen Werken, Performances und künstlerischen Kollaborationen ist er weit über die mitunter engen Szenen der 1970er-Jahre hinausgegangen. Der klingende Ausstellungstitel ist die passendste Einladung in Palestines Wunderland der unausgesetzten Belastungsproben und Experimente.
»Lesetipp: Charlemagne Palestine ~ Eskapaden und Exerzitien
Charlemagne Palestine: »GesammttkkunnsttMeshuggahhlaandtttt«
Kunsthalle Wien Karlsplatz; Laufzeit: 18. 9. – 8. 11. 2015
Konzerte am 18. September 2015, 19 Uhr und am 12. November 2015, 20 Uhr