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Bill Frisell Quartet live im Volkstheater München, 27. 3. 2011

Die Eröffnungskonzerte von jazz lines 2011 (27. 3. -3. 4.) in München mit Bill Frisells »Musical portraits from Heber Springs« und dem Francesco Bearzatti Tinissima Quartet betonten die Relation zu den Fotografen Tina Modotti und Michael Disfarmer.

Fotocredit: © MICHAEL WILSON

 

Suite für Tina Modotti

Tina Modotti war in die revolutiona?ren Bewegungen im Mexiko der 1920er-Jahre involviert und hat mit ihren faszinierenden Fotos aus dieser Zeit Berühmtheit erlangt. Das Francesco Bearzatti Tinissima Quartet präsentiert eine »Suite für Tina Modotti«, die das Leben der Künstlerin thematisiert, im Spiel mit diversen Ebenen und Jahrzehnten der musikalischen Ausdrucksarten und Genres von Swing bis Flamenco, Free Jazz bis Trauermarsch. Sitzt Danilo Gallo mit der Gitarre, eigentlich beeindruckend eine elektroakustische Vintage Fox, auf der Bühne kann ich aber kaum Bezüge zu Tina Modotti finden, wie ich sie für mich entdeckt habe als Künstlerin. Steht Gallo stattdessen mit Kontrabass in der Band ist die Musik für mich stärker in direkter Verbindung zu Modotti und ihrem Werk. ?ber das blo&szlige Virtuose immer wieder hinausgehend die Musiker: bestechende Trompetenmelodien von Giovanni Falzone und Saxofon- und Klarinettenmelodien von Francesco Bearzatti. Sichere Rythmusarbeit von Zeno de Rossi am Schlagzeug. Nicht ganz nachvollziehbar ist, warum zwei wei&szlige, asymetrisch-schwarzlinigunterteilte, rechteckige Leinwände an den Bühenseiten die Visuals zur Suite darstellen.

Disfarmer Project

Michael Disfarmer (1884-1959) gründete in den 1930er Jahren ein Fotostudio. Er fotografierte Personen, Ganzkörperaufnahmen, Porträts. Setzte dabei explizit direktes Nordlicht ein und schuf eine ganz spezielle Lichtatmosphäre. Die Ausleuchtung der Fotosituation bis ins Detail konnte mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen. Disfarmer wird heutzutage zu den Klassikern in der Geschichte der amerikanischen Fotografie gezählt.

Bill Frisell hat 2009 das musikalische Disfarmer Project auf CD bei Nonesuch veröffentlicht und bringt das Ganze mit Bildprojektion nun auf die Bühne. Nahezu hundertprozentig stimmig wirkt das Zusammenspiel von Steel-Gitarrist Greg Leisz, Bassist Viktor Krauss, Violinistin Jenny Scheinmann und Gitarrist Bill Frisell. Umgesetzt wird der Charakter des sich nicht sehr sozialfähig gebenden Disfarmers, sein ländliches Kleinstadt-Leben in Heber Springs in Arkansas und seine einfachen, klaren Schwarz-Wei&szlig-Fotografien von Menschen in eine musikalische Welt aus Country-Folk-Jazz-Klängen. Ursprünglich eingespielt in Nashville. Frisell sagt dazu: »… als ich die Musik schrieb, stellte ich mir vor, Disfarmers Perspektive einzunehmen und seinem Blick durch die Linse einen Klang zu geben …« Auf der Bühne dazu Bildprojektion von Disfarmers Fotoarbeiten: auf zwei collageartig unterteilten Leinwänden links und rechts neben der Band sind Schwarz-Wei&szlig-Porträts in Verbindung mit verhaltenen-monochromfarbigen Flächen von Set-Designer Alexander Nichols zu sehen.

Als Pendant dazu fungiert die Musik, die man als rein und schön bezeichnen kann. Aber auch als zu spröde, um kitschig zu sein. Das hat dann auch nichts Nostalgisches, sondern spiegelt einen Realismus wieder, der zeitlos wirken kann und von emotionaler Wahrheit ist. Und somit zeitgemä&szlig etwas mitzuteilen hat. Wenn man genau in die Gesichter der Bilder sieht und wenn man genau in die Klänge der Musik hineinhört. Bill Frisell und die Mitmusiker nutzen die Möglichkeit, sich in Bestform zu präsentieren in einem wie perfekt scheinendem Set.

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