Ansgar Wilken ist ein in Berlin ansässiger Musiker, der seit langer Zeit in vielen musikalischen Nischen zuhause ist. Früher, mit der Band Ilse Lau, spielte er quicklebendigen Post-Punk, seit einigen Jahren aber experimentiert er als Solo-Künstler und in wechselnden Kollaborationen an der Schnittstelle von Sound-Art, Noise und Minimal Music. Seine Veröffentlichungen unter dem Projektnamen They Found My Body By The River etwa stehen in einer gewissen Nähe zu den eigenwilligen musikalischen Arbeiten von Graham Lambkin (ex Shadow Ring) und mit Chris Dreier (ehemals Die Tödliche Doris) veröffentlichte er vor wenigen Jahren eine Kassette auf dem umtriebigen Econore-Label, wo jüngst auch seine Solo-LP »The Last We Can Do Is Wave To Each Other« erschien. Die genannten stilistischen Koordinaten helfen, die Musik einzuordnen. So erinnert das eröffnende »I am gay and you are not« in seiner hämmernd-reduzierten Klangästhetik an Arnold Dreyblatt, wobei aber aus den spärlichen bzw. nicht vorhandenen Produktionsnotizen zur LP nicht ersichtlich ist, wie die zu hörenden Klänge zustande gekommen sind. Und dieses Versteckspiel hat seinen Reiz, denn sämtliche Aufnahmen legen eine Vielzahl an Assoziationen nahe, wobei aber nie klar wird, unter Zuhilfenahme welcher Instrumente und Gerätschaften die Musik entstanden ist. Klar ist nur, sie ist spannend genug, um aufmerksam zuzuhören. Neben Dreyblatt, an dessen perkussives Kontrabassspiel der Auftakt des Albums erinnert, drängt sich der Vergleich auch zu manchen Soloaufnahmen von Chris Corsano auf. Der US-amerikanische Schlagzeuger hat ungezählt viele Platten veröffentlicht und in seiner unorthodoxen Herangehensweise erinnert Ansgar Wilkens inspiriertes Trommeln, Klöppeln, Schaben und Kratzen an den international bekannteren Corsano. Tja, so ist das, was soll man machen? Behelfsweise werfe ich ein paar große Namen in den Raum, in der Hoffnung, dem vermeintlich kleineren Künstler irgendwie die Aufmerksamkeit zu verschaffen, die er zweifellos verdient hat. Denn »The Last We Can Do Is Wave To Each Other« ist ein abwechslungsreiches und kurzweiliges Album. Experimentell, natürlich, aber in einer verspielten, freundlichen und zugänglichen Variante. Und diese unprätentiösen Qualitäten teilt sich Wilken – noch ein Name, warum nicht! – mit der bayrischen Limpe Fuchs, die als avantgardistische Klangkünstlerin seit Jahrzehnten ihre ganz eigenen Töne anschlägt. Wer also mit den hier genannten Namen und Stilen etwas anzufangen weiß und auf der Suche nach frischen experimentellen Sounds ist, der sei hiermit an Ansgar Wilken verwiesen.
Ansgar Wilken
»The Last We Can Do Is Wave To Each Other«
Econore
Unterstütze uns mit deiner Spende
skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an den Empfänger: Verein zur Förderung von Subkultur, Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria. Vielen Dank!