Bild und Ton, diese beiden nun schon seit ein paar Monaten verstärkt herumgeisternden Phantome unterschiedlicher Aufführungs- und Präsentationspraxen, finden immer mehr zu einander und bedingen sich mittlerweile gegenseitig. Nicht nur weil dem Publikum gehuldigt wird, nach dem Motto: auch das Auge hört mit, sondern auch weil sich durch technische Interventionen eine Zusammengehörigkeit regelrecht anbietet und so rückwirkend alternative Entwürfe aufgedeckt werden. Beispielgebend ist die schon auf der Diagonale gezeigte Avantgardefilm-Serie »Betriebsgeräusch«, die zu einer Art blueprint avancierte zwischen den Polen des Duos reMI und der französischen Gruppe Metamkine.
In teils doch recht behäbiger Manier bietet der das Musikprotokoll (MP) begleitende Reader über das Bilderverbot seit der Antike bis zur Jetztzeit einen Einblick über das auf dem MP verhandelte (angebliche!?) Naheverhältnis zweier Rezeptionsweisen. Aber was nutzt das ganze Wissen um die eigentlich machterhaltenden Bilderstürmer, wenn neo-klassische Werke ihre Legitimation dadurch einfordern, dass sie nicht im Konzertsaal, sondern in einer Industriehalle aufgeführt werden? Ein wenig arty eben. Eine diesbezügliche »down-to-earth«-Erdung lieferte die Performance-Künstlerin Mara Mattuschka.
Zusammen mit Josef Reiter realisierte sie ein »Lichttonensemble«, bei der den Filmstreifen mit Nähmaschinen, Klammermaschinen und Filzstiften zuleibe gerückt wurde. Eine derartige Präsenz generiert eine über das bloße Abbilden hinausreichende Physis, umso mehr, als dass es sich um Lichttonschleifen handelte.
Das MP hatte heuer den Drahtseilakt zwischen angestammtem Kulturbetrieb und den nachrückenden »Bilderstürmern« zu lösen. Symptomatisch dafür war die Performance der italienischen Gruppe Giardini Pensili, die mit ihrem Programm »Trance Bakxai« eine Verbindung zwischen Rave und Theater schaffen wollten. In einem der begleitenden Pressetexte stand zu lesen, dass Adorno das dionysische Tanzen beigebracht werden solle; er hat zumindest mit den Füssen gewippt.
Sounds und Visuals: Diese Synästhesie hat sich nicht nur auf der Diagonale und bei den im Wiener Museumsquartier abgehaltenen »Projektionen« bewährt sondern auch auf dem MP. Der Vergleich macht es deutlich: Aufführungspraxis hin oder her; Es ist nach wie vor die location, das Ambiente ausschlaggebend. Räume wie die Waagner-Biro-Halle sind mit ihren meterhohen Projektionsleinwänden der Ort, in dem Aufführungen wie die von Michaela Grill/ Christoph Kurzmann und zeitblom/ pReview (Tanja Diezmann) zur Geltung kommen können. Es hat sich im Laufe dieses Jahres gezeigt, dass Töne mit Bildern ganz gut auskommen können. Ein nächster Schritt wäre, zumindest für mich, die Raumgestaltung.