Prächtiges Ambiente: Die 8. Auflage des Wilsonic Festivals hatte die Zelte am der Altstadt gegenüberliegenden Donauufer aufgeschlagen. Somit boten sich großartige Ausblicke auf die Silhouette einer Boomtown samt Baukränen. Der Bestand großartiger kommunistischer Architektur (u.a. Hotel Kijew) ist deswegen gefährdet, doch ist dies nicht Thema. Vielmehr geht es um die Substanz, die das Festival geboten hat.
Kopierte Idole
Zunächst sollten am Freitag Kapazunder wie die Apparat Band, Nôze, Fennesz oder Soap & Skin als Publikumsmagnet fungieren, während am zweiten Festivaltag Bonobo (Ninja Tune) oder Raz Ohara Headliner waren. Letzterer mit einem sehr tanzbaren Technoset und erstere mit einem gediegenen, im Grunde aber langweiligen Konzert auf wirklichen Instrumenten.
Nicht nur bei osteuropäischen Bands scheint es ein tiefliegenderes Problem zu sein, dass letztlich nur Vorbilder wie Moloko und Konsorten kopiert werden. Dies war bei Novika aus Polen ebenso der Fall wie bei Little Dragon (schwedische Labelmates von Jose Gonzales). X-beliebig klangen auch die Bulgaren 1000 Names, zwei Produzenten aus Sofia, die nur einen schwachen Aufguss aus der Twilightzone zwischen Downtempo-HipHop-Elektro hinbekamen.
Talente
Gut, dass vorher Landsmann Skiller für eine kurzweilige Erfrischung sorgte, in dem der 19-jährige Human Beatboxer heavy Noise einbrachte und gar mit einer Coverversion von »Sexbomb« reüssierte. Ausbaufähig! Beinahe nur osteuropäisch ging’s auf der sonst vielleicht als Theater benutzten Wilsonic.ARENA zu: Nach einem wunderbar housig/discoidem Auftakt mit funky Tom Wilson (Rumänien) scheiterten Auditory Ossicles aus Sofia damit, Jazz auf Dancefloor zu trimmen. Zwar klang das Quartett (b, dr, sax, p & el.) mitunter recht aufgekratzt, doch dümpelte man zu spannungslos dahin. Besser dann Wojtek Urbanski im Rahmen des Compost Records Showcase: Der junge Warschauer kredenzte stimmige dreamy Soundscapes, war aber auch mit forscheren HipHop-Beats und MC zugegen.
Midi Lidi, die programmgemÃ¤ß zweite Band in der Wilsonic-LIVE-Arena, schlug durchaus einen eigenwilligen Weg ein. Mit zwei Laptops, electric drums und devices und verzerrtem Gesang gelang ein durchaus mitreißendes mit poppigen Synthmelodien aufgepepptes, tanzbares Konzert. Sogar »Love Will Tear Us Apart« wurde eine eigenständige Note abgetrotzt. Summa Summarum: Die Tschechen Midi Lidi klingen wie fröhliche Kraftwerk!
Weltmeister
Auf der CLUB-Bühne erging sich das russische Duo EU mit human Beatbox-MC Galun in ekstatischen Mantras, die verdammt gut abhoben. Futuristische Endzeitstimmung galore. Einen wahrlich eklektizistischen Live-Set legte auch Flying Lotus hin. Der Afroamerikaner aus L.A. hat alle möglichen Dancestyles drauf und versteht es, den Tracks einen visionären Drive zu verpassen. Kein schlechter DJ-Performer ist der japanische DJ Kentauro. Hier darf Booty Bass mit Kommerztechno zusammenprallen, ohne dass die Party Schaden nimmt.
Das absolute Festival-Highlight startete aber auf der LIVE-Bühne nebenan: Der Set des Duos Various Production bewegte sich zwischen den Koordiaten Dubstep und Grime und wurde vom Publikum noch um 4:30 Uhr heftigst akklamiert.
Skream war wie Neil Landstrumm am Freitag zu Gast und nachdem Wilsonic schon 2006 Vex’d nach Bratislava brachte, bewies es wie skug (das 2007 einige Tage zuvor das weltweit erste Dubstep-Festival in Kooperation mit Into The City/Festwochen verantwortete) im Vorjahr einen ebenso guten Riecher. Eine eigene Dubstep-Bühne wartete u.a. mit Digital Mystikz auf.