Weald + Woe aus Idaho kombinieren mittelalterlich gestimmten, klassischen US Power Metal mit atmosphärischem Black Metal und melodisch sehr prägnanten Lead-Gitarrenläufen. Die insgesamt epische Ästhetik findet zusätzlich durch Erhabenheit und Anmut heischende Riffs, nicht selten erbarmungslos geknüppeltes Schlagzeug und darüberliegenden kreischenden Gesang zum Ausdruck und drum herum werden die bereits erwähnten melodischen Lead-Gitarren gebunden – fertig. Wer an den drei Alben von Obsequiae seine helle Freude hat, der kennt Weald + Woe vielleicht, und wer sie nicht kennt, der kann sich mit »Far From the Light of Heaven« die Zeit vertreiben, bis Tanner Anderson mit den derzeit sehr erfolgreichen Crypt Sermon mal Pause macht und sich dann vielleicht wieder Obsequiae zuwendet. Abwarten. Apropos warten: Ein neues Album von Morke (die aus Minneapolis) steht auch an, die schlagen in dieselbe Kerbe, Ende Oktober kommt da was. Aber so weit sind wir noch nicht. Die drei hier exemplarisch genannten Bands, Weald + Woe, Morke und Obsequiae stammen aus dem Nordwesten und Mittleren Westen der USA, Regionen mit beeindruckender Natur und viel Raum für Fantasie – auch in den Studios, in denen solche Projekte entstehen, bevor sie hier und da unterstützt durch zusätzliche Musiker*innen auf Bühnen landen, die vielleicht besser wenig bis gar nicht beleuchtet werden, damit die sorgfältig errichteten Fantasiewelten nicht womöglich zusammenklappen. Die Kulissenschieberei im Oberstübchen funktioniert ja in aller Regel ganz gut, sich Königreiche zu erträumen, die entsprechend majestätisch vor dem geistigen Auge erscheinen, ein Klacks. Aber wehe, die dunklen Reiter und andere finstere Gestalten finden sich auf Konzertbühnen wieder – mit Brille, nach hinten gerutschtem Haaransatz und kleinem Bäuchlein unter der etwas umständlich zu tragenden Robe … Die Frage der Präsentation ist im Metal eine sehr heikle, denn unabhängig von körperpositiven Ermutigungen und der grundsätzlichen Frage danach, wie viel Humor und Selbstironie im Verhältnis zum thematisch notwendigen Pathos die Inszenierung auf der Bühne verträgt, bleibt das Gleichgewicht zwischen Präsentation und Rezeption, zwischen Band und Publikum stets ein gleichermaßen fragiles wie solidarisches. Durch ein szenefremdes Auge von außen betrachtet wirkt ja schon manch kuttentragender Fan albern und unhygienisch wie ein spätpubertierender Ork. Aber auch szeneintern wird über Spinal Tap viel und gerne gelacht, gerade weil die Frage, ob und wie den idealisierten Welten, den dunkel-romantischen Erzählungen und anderen dramatischen Posen mittels Vortrag entsprochen werden kann, so entscheidend ist. Ein ganzes theaterwissenschaftliches Seminar kann etwa beim jährlichen Blick in die Sporthalle in Lauda-Königshofen, wo das »Keep It True«-Festival stattfindet, mit der Frage beschäftigt werden, ob die Werbung des lokalen Sponsors an der Nut-und-Federbretterwand den Eindruck des schwertschwingenden Sängers in voller Montur auf der Bühne stört? Die Antwort darauf ist ein klares Jein und das macht es ja so interessant. Die Kraft des Symbolischen und der Einbildung ist nicht zu unterschätzen: »In der Fantasie geht alles!« (Helmut Körschgen). Nach diesem gedanklichen Ausflug zurück zum Album von Weald + Woe. Sie tragen ihr Anliegen mit viel Engagement vor, keine Frage. Das dynamische Songwriting und die druckvolle Produktion überzeugen. Das unablässige melodieverliebte Lead-Gitarrengegniedel kann einem bisweilen auf den Keks gehen oder einen generischen Eindruck hinterlassen, aber es gehört eben dazu und ist – wenn man in der richtigen Stimmung dazu ist – das tragende musikalische Stilmittel, um sich in längst vergangene Zeiten und untergegangene Reiche zu träumen. Weald + Woe machen also alles richtig, und neugierig darauf, ob ihnen auch der Vortrag von der Bühne herunter gelingt, wäre ich auch.
Weald + Woe
»Far From the Light of Heaven«
Fiadh Productions
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