beat love oracle
Beat Love Oracle feat. Liang-Yu Wang

»Radical Risk«

áMARXE Records

Wie stellen wir uns einen Song vor, der »Abbruchhammer« heißt? Gewiss nicht: lyrisch, melodiös, harmonisch. Doch genau so beginnt »Hammer Abandon«, der zweite Track auf dem Album »Radical Risk« von Beat Live Oracle feat. Liang-Yu Wang. Zuerst fließen – über einem tragfähigen Gerüst aus klaren, einfachen Bassstrukturen und mit »Beserln« gespieltem Schlagzeug – die Klavier- und Vibraphon-Phrasen gemächlich dahin, gelegentlich ist ein elektronisch generiertes »Pad« zu hören. Flächen, die sich nicht aufdrängen, sondern Breite erzeugen. Im Song »Radical Risk« tauchen selbst Farfisa-artige Orgelklänge auf und bekommen ordentlich Bedeutung, bevor sie von einem Klaviersolo abgelöst werden. Später – wir sind wieder beim Abbruchhammer – wandelt sich das Tempo vom zuerst einschmeichelnd-balladesken zu einem recht eiligen Metrum. Das Sax spielt Akkordzerlegungen, bis schließlich die gesamte Band nahezu unisono in einen rockigen Groove verfällt. Das am 4. Oktober 2024 erschienene Album ist geprägt von spannenden Tempowechseln, das macht die Musik überaus lebendig und kurzweilig. Nie haben wir das Gefühl, die unterschiedlichen Metren wären »L’art pour l’art« in die Partituren gelangt, eher erscheint es uns, als würde es einfach zugehen, wie im »echten« Leben – einmal ganz ruhig, dann wieder beschwingt, auf Erregung folgt Beruhigung, viele Stimmungen in einem Song nahtlos ineinander übergehend. Und es wundert uns überhaupt nicht, dass der Komponist und Bandleader Frank Nuyts mit Frank Zappa mehr als den Vornamen gemein hat. Wir hören ziemlich erwachsenen Jazz, wirbelnden Rock, Filmmusik. Ja, viel Kopf ist dabei, dennoch berührt uns das Gehörte tief, umhüllt uns mit wohliger Wärme. Das Album kann ohne Weiteres auch Hörer*innen empfohlen werden, die dem Rohen und Wilden eher weniger zusprechen, aber dennoch Neues und zugleich Vielschichtiges hören wollen. Die Stücke sind allesamt farbenreich verflochten; doch die Komplexität leistet dem Hörfluss keinen Widerstand. So könnte man auch ein elaboriertes Starkbier beschreiben: »Überaus komplex und dennoch ein ausgezeichneter Trinkfluss.« Das liegt an den ausgezeichneten Kompositionen von Frank Nuyts. Da folgen – scheinbar spielerisch – ungezählte Tonarten, Metren, Intensitäten aufeinander, nein: fließen ineinander, doch dem Publikum vergeht nicht das Hören. Es kann nicht genug kriegen. Nur Virtuosen können eine solche Musik darbieten, die 2017 gegründete »exzentrische Cross-Over Band« Beat Love Oracle bestehend aus Frank Nuyts (marimba, synthesizers, composition, mixing), Frank Debruyne (saxophones), Stijn Deldaele (electric bass), Ronald Dhaene (drums, multipad) und in dieser Konstellation Special Feature Liang-Yu Wang (acoustic piano) ist hervorragend zusammengespielt. Aber das Können der Instrumentalisten drängt sich nicht nach vorne, weil sie unsere Aufmerksamkeit mit ihrer abwechslungsreichen Musik binden, weil wir von den ständig neu auf uns einströmenden Eindrücken gefesselt sind. Was für ein Hörvergnügen!

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