Wenn es im Deutschrap die personifizierte Antifa gibt, dann sind das Audio88 & Yassin. Lange musste man auf das neue Album der »besten Band der Welt« warten, nicht zuletzt wegen Corona hat sich hier einiges verschoben. Doch das Warten hat sich gelohnt – und wurde auch durch Yassins Solodebüt verkürzt. Durch die Ereignisse der letzten Jahre gibt es auch genügend Inhalt, der auf »Todesliste« verarbeitet werden kann. Von Audio88 angeschrien zu werden, ist dabei oft der einzige Weg, wie man der heutigen Gesellschaft diese Themen näherbringen kann. Immer wieder erwischt man sich dabei, wie man im Kopf mitrappt und nach einigen Sekunden stockt – vielleicht weil man erkennt, dass man auch selbst »WUP«, also »weiß und privilegiert« ist. Die Beats sind härter, als man es von »Halleluja« gewöhnt ist, und natürlich macht der aktuelle Sound auch vor Audio88 & Yassin nicht halt, rückt aber gegenüber den Lyrics in den Hintergrund. Was keinesfalls heißen soll, dass der Sound schlecht ist, ganz im Gegenteil, er begleitet die Emotionen auf jedem Track perfekt und brennt sich bei Bangern wie »Schlechtes Gewissen« oder »Lauf« geradezu in die Hirnrinde. Aber die Message steht im Vordergrund, die Aussagen sind real und zeitgemäß. Audio88 & Yassin widmen sich den gesellschaftspolitischen Themen, die wir in jeder Tageszeitung oder Nachrichtensendung sehen. Dabei wird uns klar, dass wir nicht nur aktuell in einer Zeit leben, in der Faschismus und Extremismus an der Tagesordnung stehen, sondern diese Themen uns schon unser ganzes Leben begleiten. Von »Freunden« aus der Vergangenheit, die sich als verdammte Nazis und Frauenschläger entpuppen, bis zu »Bewegungen«, die sich Reichsfahnen schwingend auf den Straßen tummeln: Auf »Todesliste« bekommt jeder sein Fett ab. Wer sich auf diesem Album wiedererkennt, ist per se kein schlechter Mensch – er oder sie hört ja, das kann man jetzt schon sagen, eines der besten Alben des Jahres – sondern auf dem richtigen Weg, diese gesellschaftlichen Probleme zu erkennen und das System zu verändern. Wo im deutschen HipHop sonst nur über Gucci und Prada gerappt wird und der Inhalt bis auf wenige Künstler*innen so austauschbar ist wie Unterwäsche, bringen Audio88 & Yassin uns mit ihren Worten auf den Boden der Tatsachen und hinterlassen einen fahlen Beigeschmack, der sich im Kopf verankert. Und nur durch diese Art von Musik schafft man es, dem Mainstream entgegenzuwirken und die vergessenen Taten, die es nur kurz in die Medien schaffen, am Leben und im Gedächtnis zu halten.
Audio88 & Yassin
»Todesliste«
Normale Musik
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