Midori Takada © Eri Harada
Midori Takada © Eri Harada

TransCentury Update No. 2, live in Leipzig

Anlässlich der zweiten Ausgabe des Leipziger Musikfestivals, das von Freitag, 17. November bis Sonntag, 19. November 2017 im UT Connewitz über die Bühne gehen wird, hat skug das Team, das Programm, Produktion und Durchführung verantwortet, zum diesjährigen TransCentury Update befragt.

Die Musik von Midori Takada ist von betörender Schönheit, nachzuhören etwa auf dem Weltklassealbum »Through the Looking Glass«. Dass eine japanische Komponistin/Percussionistin mit ihren Sounds zwischen Zen-, Minimal- und Ambient-Music Headlinerin des beschaulichen Abschlusssonntags ist, spricht für das sorgfältig gewählte Line-up des Festivals. Den Freitag wird Thurston Moore beschließen. Für Christian Kühr, Booker und Mitorganisator des Festivals, ist er ein Jugendheld, der es mit Rock’n’Roll-Consciousness schafft, dort anzuknüpfen, wo Sonic Youth aufgehört haben. Die Main Acts am Samstag sind John Maus und Alex Cameron. Der Amerikaner John Maus ist nach seinem Doktorat in politischer Philosophie wieder präsent, mit grandiosem neuen Album »Screen Memories«. Maus’ nihilistischer, dunkel schwärender Synth-Pop hat Grandezza, während die Beliebtheit des Australiers Cameron, u. a. bekannt für »Strangerʼs Kiss«, ein Duett mit Angel Olsen, aufgrund eher braven Synthie-Pop-Rocks nicht ganz zu verstehen ist. Fein auch die Sounds der Britin Jane Weaver, die so etwas wie Psychedelic Folkrock macht und Assoziationen zu Hawkwind aufkommen lässt. Einiges mehr gibt es noch zu entdecken: Die Postpunk spielenden Lokalmatadore Fun Fare, Dreampop von Roy Montgomery, Olimpia Splendid, Love Theme. Nun aber im E-Mail-Interview Näheres zur Verortung von TransCentury Update.

leip1.jpg  Midori Takada © Eri Harada

 

skug: Allein der Titel des Festivals verspricht Vielseitigkeit. Was aber hat TransCentury Update genau zu bedeuten? 

 

Dreierorganisationsteam: Neben Vielseitigkeit verspricht das Festival ein »Update« zur aktuellen und vergessenen unpopulären Musik. Der Titel ist vom Siebziger-Jahre-Fernsehformat »Transcentury UPdate« geklaut, einer Fernsehsendung, die sich mit Transhumanismus beschäftigt hat und die Leute durch ihre Updates auf den neusten Stand gebracht hat.

 

 

Zum Festivalort: Ist das Kino UT Connewitz noch als Kino in Betrieb oder als Konzertvenue bzw. dient es mehrerlei Zwecken? Und was zeichnet den Bezirk Connewitz aus? 

 

Connewitz ist wohl als das kreative, linke Zentrum der Stadt zu verstehen, ein außergewöhnliches Viertel mit ganz eigenem Charme und einer vielfältigen, häufig auch subkulturellen, Kultur. Das UT nimmt hier insofern eine Sonderstellung ein, als es nicht-kommerziell betrieben wird und weitgehend ohne öffentliche Fördermittel für das Programm auskommt.
Das Gebäude ist das älteste original erhaltene Kino Deutschlands, wird als solches heute noch genutzt, ist aber auch Ort für Konzerte, Bühnenveranstaltungen und experimentelle Formate.
Die Architektur des Raums unterscheidet sich wesentlich von heute gängigen Vorstellungen eines Kinogebäudes. Dieser besondere Charakter wird auch immer wieder selbst zum Bestandteil von Aufführungen – so auch beim TransCentury Update. Das lokale Visual-Kollektiv WISP wird während des Festivals mit 3D-Scans und Live-Animationen arbeiten und eine visuelle Szenografie herstellen.

 

Auch Leipzig, oder überhaupt der Osten Deutschlands, gilt als schwieriger Ort angesichts der politischen Lage. Inwiefern bezieht das Festival Haltung? 

 

Wir begreifen uns nicht vorrangig als politisches Festival, aber mit dem Wahlresultat und den wachsenden Sympathien gegenüber verkappten oder offensichtlichen Rechtsparteien können wir nichts anfangen. Generell glauben wir, dass sich die Bands und KünstlerInnen, die im Programm auftreten, und ein Festival, das sich dem musikalischen Experiment bzw. Underground verschrieben hat, grundlegend auf Werte wie Offenheit, Diversität und Austausch beziehen.

 

leip2.jpg  John Maus © Lee Hooper

 

TransCentury Update hat mit Thurston Moore und John Maus zugkräftige Headliner. Am Sonntag fehlt dieser. Ist das kontemplativere Programm am Sonntag eher als Festival-Fadeout intendiert? 
Ein allgemeines Ziel wäre es, in der Zukunft ohne das Wort und die Zugkraft von Headlinern auszukommen. Für uns hat Midori Takada, welche an letzter Position am Sonntag spielt, mindestens so viel Headliner-Potenzial wie John Maus oder Thurston Moore, dennoch fanden wir es programmatisch spannend, den Sonntag mit eher ruhiger Musik zu bespielen, man kann das also schon als »Fadeout« interpretieren.

 

Welches Gremium sucht die Acts aus bzw. gibt es FestivalkuratorInnen? 

 

Die KünstlerInnen werden in Kollaboration mit dem UT Connewitz (Sebastian Gebeler und Almuth Wagner) und Christian Kühr (von der Band White Wine) ausgesucht. Wir sind aber auch offen für Vorschläge von außen, auch wenn diese oft mit unseren eigenen Vorschlägen deckungsgleich sind.

 

leip3.jpgAlex Cameron © Cara Robbins

 

 

In besseren Zeiten konnte skug an einem Festival mit EU-Geldern partizipieren, mit Partnern in Budapest und Bratislava. Das war SoundBridges im Jahr 2005. Würde TransCentury Update das auch ins Auge fassen, gäbe es noch die Möglichkeit? Etwa mit Partnern in Polen und Tschechien? 

 

nauber.jpgAusgeschlossen ist es definitiv nicht, es wäre sogar höchst interessant. Wir sind dieses Jahr ja erst in Runde zwei – und sehen es gerade eher notwendig, das Festival lokal zu etablieren und mit dem Festival (langsam) zu wachsen.

 

Wie ist der Festivalträgerverein organisiert? Denke, da ist auch ein hoher ideeller Faktor dabei, mit eher hohem Selbstausbeutungsgrad? skug kann ein Lied davon singen … 


Oh ja, lass uns doch zusammen ein Lied davon singen, aber vielleicht wäre es ein ganz, ganz trauriges Lied, welches höchstwahrscheinlich zu viel Wahrheit in sich trägt, und dann vor lauter Scheu vor Selbstreflexion niemals wieder gesungen werden könnte. Sollen wir das wirklich riskieren? 

Wir sind im Kern drei Personen die alle Festivalaufgabenbereiche koordinieren, Programm, Produktion und Durchführung liegen komplett bei uns. Visualisierungen, Presse, Sound und Artwork entstehen in Kooperation mit Partnern aus den jeweiligen Bereichen. Wir sind mit dem, was wir machen, noch nicht ganz an der Belastungsgrenze, aber schon ziemlich dicht dran, und freuen uns deswegen auch, wenn unser Team langsam schwillt, und das tut es.
 

TRANSCENTURY UPDATE NO.1 – RECAP from MUKI on Vimeo.

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