Tape Head und NONI © FMK
Tape Head und NONI © FMK

Tape Head x NONI: Zwischen Alltag und Traum

Zwischen Überwältigung, Moshpits und einem ganz normalen Leben. Tape Head und NONI im Interview über Inspirationen und Herausforderungen als deutsche Newcomer.

Tape Head und NONI aus Köln sind Anfang zwanzig, machen seit Jahren gemeinsam Musik und durften im Frühjahr 2024 den Deutschrapper Goldroger auf seiner Tour als Support begleiten, womit für die selbsternannten »Goldroger-Ultras« ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen ist. Im Jänner 2024 brachten sie die erfolgreiche Single »Arm in Arm« heraus – mit Goldroger als Feature. Der Song fängt den literarischen und musikalischen Stil der vielversprechenden Newcomer ein und legt gleichzeitig die Basis für ihre Karriere. Am 19. Juli 2024 erschien nun auch ihr erstes selbstproduziertes Album, »Memento Mori«. Wir sprachen mit ihnen über das Parallelleben in Tourbussen, über ihre Inspirationen und darüber, wie man als junger Mensch in der Musikszene Fuß fassen kann.

skug: Was war die erste CD, die ihr euch vom eigenen Geld gekauft habt?

Tape Head: Endlich fragt das mal jemand! Ich gebe in unserem Freundeskreis schon seit Jahren damit an. Meistens ist die erste eigene Platte ja eher peinlich. Bei mir ist das anders: Meine erste CD war »Stadtaffe« (2008) von Peter Fox! 

NONI: Ich kam erst später in die Rap-Szene, meine erste CD war »Get a Grip« (1993) von Aerosmith. Meine Eltern haben viel Rock gehört, daher war das auch einer meiner ersten musikalischen Einflüsse. 

Wann habt ihr angefangen, selbst Musik produzieren zu wollen? 

NONI: Ach, das kam dann einfach irgendwann von selbst. Ich habe angefangen, an Beats zu arbeiten, und irgendwie nicht mehr aufgehört. Heute produziere ich nicht nur die Songs von Tape Head, sondern auch für andere Künstler*innen. Das macht mir Spaß und ich bin froh, damit Einnahmen machen zu können. Ist ja auch nicht unbedingt typisch aktuell in dem Business. 

Tape Head: Ich habe früh angefangen, eigene Texte zu schreiben, anfangs aber auf Englisch, weil ich im Deutschen meine Sprache noch nicht gefunden habe. Wir haben auch schon eine ganze EP herausgebracht, die war aber eher schneller, englischer Rap. Davon haben wir uns aber mittlerweile distanziert, die EP findet sich auch nicht mehr auf Spotify. 

Tape Head, deine Texte sind nicht nur Vorboten guter Ohrwürmer, sondern auch lyrisch sehr komplex. Wer inspiriert dich in deinem Schreiben? 

Tape Head: Ich bediene mich einerseits natürlich an meinem Umfeld und den Erfahrungen, die ich bzw. wir machen. Was den Schreibstil angeht, ist besonders Lord Folter eines meiner Vorbilder. Es macht Spaß und Sinn, die deutsche Sprache auf diese Weise – poetisch, ehrlich – zu nutzen. 

Ihr trefft, ohne dabei aufdringlich oder platonisch zu sein, einen Tenor, der so typisch ist für unsere Generation. Macht ihr das bewusst? 

Tape Head: Bewusst nicht, nein. Aber ich bin natürlich ein Kind meiner Generation und das Gefühl der Stagnation und des Pessimismus, das so klassisch ist für die Zwanziger, ist etwas, das mich auch nicht kalt lässt. Wir wollen nicht per se Songs produzieren, die traurig sind, aber Platz für cheesy Gute-Laune-Songs ist da auch (noch) nicht. Ich verhandle in den Texten meine persönlichen Erfahrungen in Freund*innenbeziehungen und mit Sicherheit auch den Frust, der unsere Generation prägt. Dass wir damit einen Grundtenor treffen, der von vielen Menschen nachvollzogen werden kann, ist nicht beabsichtigt. Aber es ist trotzdem schön, wenn Leute sich damit auf irgendeine Art identifizieren können. 

Wie beeinflussen sich die Texte und die Beats, damit diese raue, aber doch zuversichtliche Atmosphäre eurer Songs herauskommt?

NONI: In der deutschen Musikszene sind zunehmend düstere Klänge beliebt. Besonders Paula Hartmann ist da Vorreiterin. Ich denke, das geht Hand in Hand mit dem, was Tape Head gesagt hat. Wir lassen uns inspirieren von dem, was unsere Peergroup an Musiker*innen macht, und probieren uns da in unserem eigenen Stil aus. Mir persönlich gefällt das Brechen mit herkömmlichen Stilen, das passt dann auch immer ganz gut mit dem Inhalt der Texte. Der Prozess von den ersten Beats und Lines zum fertigen Song findet in der Regel aber sowieso parallel statt. Wir können uns da aufeinander abstimmen und viele Dinge probieren, bis wir am Ende zufrieden sind mit dem, was dabei rauskommt. 

Ihr lebt ja abseits eurer Musik ein noch sehr normales Leben, mit Alltagsjobs und Co. Wie habt ihr eure erste Tour erlebt? 

Tape Head: (lacht) Das war völlig verrückt. So eine Tour hat ja wirklich absolut gar nichts mit dem zu tun, was man normal so macht! Ich fühlte mich irgendwo zwischen ungläubiger Euphorie und dem Gefühl, auf Montage zu sein. 

NONI: Für mich wurde in den surrealsten Momenten klar, was da eigentlich passierte. Spätestens bei der Show in Hamburg, als Goldroger »Perwoll« spielte und wir mit ihm auf der Bühne standen, realisierte ich, dass wir da gerade Unglaubliches erleben dürfen. In Wien haben die Menschen das erste Mal zu unseren Songs gemosht, das war auch ziemlich krass.

Die Musikszene wird zunehmend größer und das in einer rasanten Geschwindigkeit. Wie ist es für euch, als Newcomer Fuß zu fassen? 

NONI: Man braucht auf jeden Fall Glück, die richtigen Kontakte und eine große Aufopferungsbereitschaft. Wir haben aber Menschen gefunden, die uns wohlwollend gesinnt sind und uns unterstützen. (grinst) Und wir glauben, dass wir durch die Tour mit Goldie schon beweisen konnten, was wir draufhaben. Nichtsdestotrotz muss man vorbereitet sein, wenn sich doch mal die Gelegenheit bietet, und dann schnell zugreifen. 

Tape Head: Oft ist es so, dass man alle Energie und Nerven in ein Projekt steckt, das am Ende doch nichts wird. Harte Arbeit und Talent sind in dieser Industrie leider weitaus weniger wert als die richtigen Kontakte. Man muss damit rechnen, sein eigenes Leben und Prioritäten ein klein wenig hinten anzustellen für Chancen und Ungewissheiten. Man muss bei aller kreativen Energie auch leider immer wieder auf Zahlen schauen – das macht nicht so Spaß, aber das gehört nun mal dazu, wenn man erfolgreich werden möchte. (lacht)

Tape Head und NONI zeigen auf eindrucksvolle Weise, wie Leidenschaft, Ehrgeiz und eine starke Freundschaft jungen Musiker*innen den Weg ebnen können. Ihrer ist geprägt von ehrlichen Texten, kreativen Beats und dem Mut, neue Wege zu gehen. Trotz der Herausforderungen in der Musikindustrie sind sie fest entschlossen, ihre Vision zu verwirklichen und ihre Generation mit ihrer Musik zu inspirieren. Durch die Erfahrung, mit Goldroger zu touren, und bereits eine Fanbase zu haben, blicken Tape Head und NONI optimistisch in die Zukunft – bereit, weiterhin den Ton ihrer Zeit zu treffen und ihre musikalische Karriere auszubauen.

Links: https://www.instagram.com/tapexhead; https://www.instagram.com/ichhabnoni

Home / Musik / Artikel

Text
Francesca Valentin

Veröffentlichung
22.07.2024

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