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Stilles Chaos (Caos calmo)

In Antonello Grimaldis Verfilmung von Sandro Veronesis Erfolgs-Roman spielt Nanni Moretti einen Manager, der nach einem tragischen Verlust aus der Alltagsroutine aussteigt.

Nach dem Tod eines nahe stehenden Menschen sollte plötzlich alles anders sein, nimmt man an. Es ist Pflicht Trauer zu zeigen, obwohl keiner wei&szlig, wie. Als Pietro Paladinis Frau völlig unerwartet stirbt, wird er zum allein erziehenden Vater. Das ist in seinen wohlsituierten Verhältnisse kein Problem und Tochter Claudia ist ein »pflegeleichtes« Kind. Pietro (dargestellt von Nanni Moretti) bringt sie zur Schule und beschlie&szligt, im Park vor dem Schulgebäude auf sie zu warten. Täglich. Viele Monate lang. Auch seinen Job als Manager in einer TV-Anstalt erledigt er von dort aus. Mitarbeiter, Vorgesetzte, Freunde, Verwandte besuchen ihn. Seltsamerweise akzeptieren alle nach kurzer Zeit, sein Tun. Pietro beobachtet seine Umgebung, lässt die Welt auf sich zukommen und wird Teil eines Mikrokosmos.

Wechsel der Jahreszeiten

Der Park ist kein schöner, prachtvoller, nur ein Fleck Erde, kaum grasbewachsen, mit einigen Bäumen und Bänken. Ein Ort, den man durchquert auf dem Weg zu irgendeinem Ziel oder wo man seinen Hund äu&szligerln führt. Trotzdem wird auch in dieser kargen Grünanlage der Wechsel der Jahreszeiten sichtbar. Es wird Winter sein bis sich das »Stille Chaos«, das Durcheinander in Pietros Inneren, gelegt hat. Grimaldis Film beruht auf dem gleichnamigen Roman Sandro Veronesis. Veronesi gilt als einer der wichtigsten Gegenwartsautoren Italiens. »Caos calmo« ist mehrere hundert Seiten umfassendes Werk – ich habe den Roman nicht gelesen – der Film kann also nur eine sehr komprimierte Form des Originals sein. In einer Besprechung des Romans hei&szligt es sinngemä&szlig, dass die Geschichte ganz leicht ins Kitschige, Triviale kippen könnte, dass es Veronesi gelingt, jenseits dieser Grenze zu bleiben, unsentimental zu schreiben. Dasselbe kann von diesem Film gesagt werden. Es gibt keine harmonische Auflösung aller Probleme, keine herzzerrei&szligende Liebesgeschichte, keine endgültigen Antworten. So wie die Hauptfigur Pietro, die sich weigert, in die Konflikte anderer einzusteigen, der zugibt, zu bestimmten Dingen keine Meinung zu haben, enthält sich auch der Film eines Urteils.

»Caos calmo« (R: Antonello Grimaldi; Italien 2008)
Ab 19.6.2009 in österreichischen Kinos

Home / Kultur / Film

Text
Jenny Legenstein

Veröffentlichung
18.06.2009

Schlagwörter

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