Nach Innsbruck sind es nur fünf Stunden mit der Bahn. Ein Festivalbesuch lohnt allemal und schon ein erster Blick auf das Programm lässt gleich daran denken, dass das HoN das logische Bindeglied zwischen Donaufestival/Krems und Hyperreality/Wien ist. Im Vorjahr trat der Elektro-Chaabi-Act Islam Chipsy & Eek auf beiden Festivals auf, und heuer wird dies neben dem live eher mauen Wolfgang Voigt pres. GAS Live A/V der unerhört tolle Perser Ata Ebtekar aka Sote sein. Und das Kurzzeitgedächtnis hat die mächtigen Soundschlieren des dekonstruktivistisch-verstörenden Alien-Dance-Duos Amnesia Scanner, ansässig in Berlin, vom Gig beim Hyperreality im Schloss Neugebäude gespeichert. Außerdem die Leider-Absage von Forerst Swords aka Matthew Barnes. Der Brite veröffentlichte aktuell das Album »Compassion« auf Ninja Tune und wird am 4. Juni um 22:00 Uhr im Treibhaus Turm auftreten.
Des einen Noise ist des andren Pop
Ein Zuviel an Acts, das beim Hyperreality-Fest wegen Ûberschneidungen ein Verpassen oder Nur-zum-Teil-Erleben-Können gewisser Gigs zur Folge hatte, wird in Krems bzw. in Innsbruck glücklicherweise vermieden. Mit einem vermutlich nicht gar hohen Budget lässt sich trotzdem ein ansehnliches Programm machen. Ein gut klingendes Motto haben sich die Kuratoren Stefan Meister und Chris Koubek dazu heuer einfallen lassen. »Pop Life« propagiert eine »Möglichkeit der Künste jenseits von E und U« … und »übersieht Wertungskästen und Genreschubladenkrämerseelen, knallt, kracht, dröhnt, singt, tönt, kratzt und herzschlägt. Des einen Noise ist des andren Pop«.
Bestechend ist die Offenheit der Programmierung, wo neben Musikhistorischem (Psychic TV, Monolake, Hans Platzgumer) der Fokus auf eine aktuelle Musikrundschau (von Ital Tek bis zur poesievoll Genderaspekte und Soziopolitik transformierenden Jenny Hval) gelegt wird. William Basinski wird mit »A Shadow of Time«, das ein Requiem für David Bowie beinhaltet, brillieren, und mit Maja S.K. Ratjke (solo), Arve Henriksen (im Duo mit Fennesz) oder Dieb 13 (solo) sind auch Improv-Könner am Start. Allerdings dezidiert im elektronischen Rahmen. Dieb 13 bespielt mit den Tirolern Restless Leg Syndrom nur am Samstag, dem 3. Juni das Adlers Roof Top. Dort wird auch Cassawarrior mit einer grandiosen Selektion eritreisch-äthiopischer Musik aufwarten. Ging man in früheren Ausgaben des HoN an peripherere Orte des Stadtraums hinaus, so sind heuer die Veranstaltungsorte auf die Inner City begrenzt, mit einem beherzten Projekt im Hofgarten.
Female Experimental Music from Egypt
Islam Chipsy & Eek aus Ägyptens Hauptstadt sind mit ihrem Elektro Chaabi Garanten für eine perkussiv-poppige Folktunes-Erhitzung. Noch interessanter ist aber die kleine, feine Auswahl femininer Klangkunst aus Ägypten. Ola Saad gibt die »Egyptian Females Experimental Music Sessions« heraus, steht dem Plattenlabel 100 Copies vor, macht Kurzfilme sowie Sound & Visuals. Nadah El Shazly ist Resident Composer am Studio Ems in Stockholm, dreht ebenso short films, schreibt nicht nur dafür die Scores und mischt als gelernte Opera Chanteuse Punk und HipHop mit orientalischen Geräuschen auf. Multidisziplinär gestaltet sich auch das Wirken von Bosaina zwischen Elektronik, Noise und Jazz, Theater und Tanz. Sie entstammt dem Kollektiv Kairo is Koming (KIK) und wird gleichfalls aufzeigen, wie es um den Status Quo, um nicht zu sagen State of The Art der Emanzipation ägyptischer Soundkünstlerinnen bestellt ist. Am Sonntag dem 4. Juni ab 16:00 Uhr zu sehen und hören im Ägyptischen Musikpavillon im Hofgarten Innsbruck.