Paul Armfield kommt von dieser utopischen Insel südlich von England, wo es schätzungsweise so viele Pubs wie Einwohner gibt. Wo jeden Abend Freund und Feind, Alt und Jung, Trauer und Freude sich auf der Bühne zu treffen, um etwas zu tun, was hier den holprigen Namen »Jam-Session« trägt. Bei der Unmenge an Musik, die in diesen Pubs entsteht, wundert es nicht, dass sich immer wieder mal ein Talent herausbildet, das in die Welt hinauswill.
Die musikalische Bürde dieser Insel war schon seit 1968 festgelegt, als in drei aufeinander folgenden Isle of Wight-Festivals quasi das mythenumrankte europäische Woodstock erschaffen wurde. Es erreichte 1970 den absoluten Höhepunkt, übertraf Woodstock vermutlich an Zuschauern und erfuhr Jimi Hendrix‘ letzten öffentlichen Auftritt. Heute werden vor allem The Bees oder noch aktive alte Helden von damals – wie The Pretty Things – herangezogen, um diese Freundeskreise zu erforschen. Paul Armfield kam mit seiner vierköpfigen Begleitband (allesamt natürlich befreundet oder gar streckenweise involviert in die Bandhistory jeder anderen Band von dort) vor einem Jahr in unser Blickfeld, als das Debüt »Songs Without Words« erschien. Das Konzert in der Szene Wien war sehr schlecht besucht, aber wurde sehr frenetisch gefeiert. Paul Armfields unglaubliche Verschmelzung von Folk Noir mit einer witzig-sympathischen Herangehensweise an die gefühlte Melancholie von Tir Na Nog ließ einem keine Wahl. Witz und Charme seiner Band, Chaoten und Profis zugleich, waren das i-Tüpfelchen.
Nach dem Release des zweiten Albums »Evermine« stand das Konzert im B72 dem in der Szene um nichts nach. Zwar unbestuhlt, aber doch gemütlich. Mal ausgelassen und wild, mal ruhig und zum Heulen traurig. Ein unbezwingbarer Kontrabass, Armfields bärige Stimme, eine verrückte Ziehharmonika, träumerische Keyboardflächen und eine Prise Gitarre, Mandoline, Banjo. Was halt so herumliegt, auf der blümenbeschmückten Bühne. Als volle Performance ein eindrucksvolles Erlebnis. Später erzählt Armfield noch, dass er, als er letztens in Wien für die Go-Betweens eröffnet hat, sehr nervös war. Er war alleine. Wie kaum wer anderer machen Paul Armfield und seine vier guten Gründe auch klar, dass Musik eben doch nicht einsam funktioniert. Wer diese Leute nach dem Konzert nicht umarmt hat, war selber schuld.