Mermaid & Seafruit Video Still © Kamera: Johann Redl, Post-Produktion: Nufolklore Studio
Mermaid & Seafruit Video Still © Kamera: Johann Redl, Post-Produktion: Nufolklore Studio

O-Sounds mit Mermaid & Seafruit

In Kooperation mit Radio Orange 94.0 und Res.Radio veröffentlicht skug die »Nachlese« zu den Live-Auftritten aus der Sendereihe O-Sounds. In der Sendung am 16. Mai 2021 präsentierten uns Mermaid & Seafruit ein Live-Set und gaben anschließend ein Interview.

Mermaid & Seafruit ist ein kollaboratives Projekt zwischen Magdalena Chowaniec und Markus Steinkellner. Das Austro-polnische Duo existiert seit 2015 und verarbeitet seitdem Elemente aus Hardstyle, Noise, Spoken Word und Bassmusik. Nach dem Release des Debütalbums »XXXXXXX« folgten die beiden Singles »Born to resist« und »Sabotage«. Bei O-Sounds performten Mermaid & Seafruit diese Songs noch einmal live und präsentierten uns Musik von ihrem bald erscheinenden Album »Screens are my new clothes«, welches in Kürze über das digital-hybride Label Ashida Park herauskommt. Viel Spaß mit dem Video zum Live-Auftritt, mit dem bereits erwähnten »Born to resist« und »Unicorn«, der Schlussnummer des kommenden Albums. Die Post-Produktion zum Video kommt von Nufolklore Studio.

O-Sounds: Ich hatte heute schon die Möglichkeit, mir das Cover von eurem kommenden Album anzusehen – es zeigt euch in fast schon religiös anmutenden Kleidern. Könnt ihr vielleicht die Idee hinter dem Cover erklären?
Magdalena Chowaniec (MC): Markus und ich wussten, dass wir von der Ästhetik, die jetzt so präsent ist in Hardstyle und Gabba, mit diesen 3D-Renderings, weggehen wollten und ich dachte, hey, lass uns mal was ganz anderes machen. Wir machten ein Fotoshooting zuhause und probierten ein bisschen herum. Dabei recycelten wir ein Paar Sachen und Kostüme von einem anderen Projekt, außerdem Schuhe von meiner Ballettschule, Kerzenlicht und wir beide mit einigen Kräutern in der Hand und in den Haaren. Es sah aus wie ein Renaissance-Gemälde. Ich mochte es und Markus sagte: Wow! Das sieht großartig aus! Und Magdalena Fischer machte das Foto zuhause bei Markus. Shout-out an Magdalena Fischer!

Eine andere Sache, über die ich mit euch sprechen wollte, ist Improvisation. Ich weiß, zumindest von dir Magdalena, dass du zu diesem Thema forschst, und ihr beide haben mir auch schon von euren individuellen Erfahrungen mit Improvisation erzählt.
Markus Steinkellner (MS): Ich spiele Gitarre in Bands und der Prozess dort war immer das Zusammenkommen im Proberaum mit viel Jammen und Improvisieren. Davon kommen dann die Ideen und wenn du in der Lage bist, einige davon aufzufangen und sie zu manifestieren, in einen Song, oder ein Stück daraus zu machen – das ist Magie.
MC: Ich kenne Improvisation vom Tanzen, es ist für mich ein Weg, um an mein eigenes Material zu kommen. Ich hab’ eine Art Strategie, um zu meinem Material zu improvisieren, wo ich sage, das ist ein Rahmen, das ist ein bestimmtes Gefühl und eine bestimmte Atmosphäre, und dann gehe ich einfach mit. Ich liebe es, mit verschiedenem Musiker*innen zu improvisieren und wirklich zu erleben, wie die Leute in diesen Raum eintreten und wie sie sich zueinander verhalten und aufeinander antworten. Auch die neuen Songs von »Screens are my new clothes« schrieben wir beim Jammen nach dem ersten Lockdown. Daraus formte sich dann die ganze Musik. Die Lyrics und Atmosphären kommen großteils von diesen paar Sessions, die wir letztes Jahr hatten.

O-Sounds: Weil wir gerade von Improvisation sprechen, möchte ich Alek aka Redress erwähnen, aus Chebucto (Anm. auch bekannt als Halifax). Alek hat an Objekten gearbeitet, die dabei helfen, mehr oder weniger durch Zufall und Improvisation Kunst zu schaffen, zum Beispiel Würfel oder Karten. Das hat mich dazu inspiriert, etwas ähnliches für diese Radioshow kreieren zu lassen, weil ich immer super nervös bin und mich daher zu viel vorbereite. Ich habe ein paar Freund*innen, denen ich vertraue, gebeten, Fragen auf Karten zu schreiben, die wir dann aussuchen. Die Sache ist die, dass ich selber gar nicht weiß, welche Fragen oder Themen gleich kommen, wir müssen also jetzt gemeinsam improvisieren. Also ziehe ich jetzt einfach eine Karte und da steht: Kannst du lernen zu improvisieren?
MS: Wir sprechen oft mit Musiker*innen, die einen klassischen Hintergrund haben. Sie sind erstaunlich auf ihren Instrumenten und könnten beim Improvisieren viel machen, aber viele von ihnen haben Angst und sind unsicher, was das Improvisieren angeht. Für mich hat sich das einfach so ergeben, und das hat mir am Musizieren immer so gut gefallen.
MC: Improvisation heißt für mich loszulassen, von dem, was du denkst, weißt, und worauf du vertraust. In der Musik geht es bei der Diskussion über Improvisation vielleicht auch darum, wo Fehler sind und ob es von der Partitur abweicht. Bei Tanzimprovisation existieren keine Fehler, und das ist sehr befreiend. Und auch wenn ich singe, ist es mir egal, ob ich irgendeiner Art von Improvisationsmethode folge – ich habe nie eine gelernt.
MS: Das ist auch die Frage, wie sehr du durch das, was du vorher gelernt hat, einer Gehirnwäsche unterzogen bist.

Okay, wollt ihr noch eine Karte ziehen?
MC: Die Frage ist: Gibt es einen Aspekt in eurer Musik oder Performance, von dem ihr euch wünschen würdet, dass es die Leute besser verstehen?
MS: Wir haben letztens für einen Live-Stream gespielt und dort die Reaktionen der anwesenden Leute und der Techniker*innen mitbekommen. Das war eine ziemlich große Bandbreite an Reaktionen und Möglichkeiten, unsere Musik zu verstehen. Und die Sache ist die: Alle diese Reaktionen sind okay.

Aber gab es auch Momente, in denen ihr das Gefühl hattet, das Publikum versteht euch überhaupt nicht?
MS: Als wir mit unserer Musik begonnen haben und Hardstyle in verschiedenen Kunst- und Performance-Spaces gespielt haben, konnten die Leute dort nicht viel damit anfangen. Aber mittlerweile können sie das schon viel mehr
MC: Ja, wir beobachteten da definitiv eine Entwicklung. Ich kann mich an ein Konzert erinnern, und als Hardstyle kam, standen alle nur mehr steif da. In den letzten Jahren gab es dann ein Mainstreaming von Gabber und Hardstyle. Plötzlich hörten es auch queere Communities und es wurde nicht mehr so stark mit Rechten oder Hooligans assoziiert. Jetzt feiern es alle umso mehr, je lauter und schneller wir sind.

Das klingt, als wäre die Idee schon gut, doch die Welt noch nicht bereit dafür.
MS: Ja, unsere Bubble war noch nicht ready.
MC: Wären wir im Thunderdome gewesen wären, hätten die Leute komplett damit related. Aber das ist nicht unsere Szene.

Die ganze Sendung lässt sich bei Res. Radio nachhören:

Diese Sendung von O-Sounds wurde gefördert durch Stadt Wien Kultur (MA7) und die SKE. Die nächste Sendung mit einem Panel zu feministischen Utopien für Clubkultur wird am 20. Juni 2021 um 17:00 Uhr auf Radio Orange 94.0 ausgestrahlt. Das Archiv der Sendung befindet sich im Cultural Broadcasting Archive: https://cba.fro.at/series/o-sounds

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