Bosna © Johann Redl
Bosna © Johann Redl

O-Sounds mit Bosna

Auch die neue Staffel von O-Sounds veröffentlicht skug in Kooperation mit Radio Orange 94.0 und Res.Radio nachträglich in Wort, Bild und Ton. Diesmal ein Live-Set inkl. Interview von Bosna aus der Sendung vom 10. Oktober 2021.

Bosna, das sind Pete Prison IV (Vereter, Mekongg) und Leno »Sticky« Lenz (Just Friends and Lovers, Lonesome Hot Dudes, Lime Crush). Das Projekt existiert bereits seit 2016 als akustisches Noise-Soloprojekt von Pete und hat sich seit 2016 mit Leno an den Drums weiterentwickelt. In der Live-Session mit O-Sounds präsentieren Bosna die kürzlich auf Numavi Records releaste Debüt-EP »You know too much«. Der Schlusssong »Tanzverbot« beinhaltet eine Abrechnung mit toxischer Männlichkeit und rassistischen Reaktionen, die Pete Prison IV durch den Telefonhörer live bei O-Sounds ins Radio überträgt. Außerdem präsentieren Bosna im Video auch zwei Songs, die bisher noch nicht recorded und veröffentlicht wurden: »Pellagra« und »Liver«. Viel Spaß!

O-Sounds: Wie genau kam es dazu, dass ihr euch zum ersten Mal kennengelernt habt? Ihr scheint beide aus einem ähnlichen Umfeld zu kommen.

Pete: Ich glaube, unsere Erzählungen sind ein bisschen unterschiedlich. Leno lernte ich das erst mal so richtig 2019 im EKH kennen. Dort spielte Leno mit Just Friends and Lovers. Mir fehlte eine Person an den Drums, und ich habe dann die Band gefragt, ob wer einspringen möchte. Darauf hat Leno gemeint: Okay, passt, kein Problem.

Leno: Also die Anfrage war für einen Song. Ich dachte mir ja sicher, lustig, kann ja kein großes Problem sein. Ich kannte aber die Musik noch nicht. Dann musste ich für ein Lied extrem viel proben, auch weil es vom klassischen 4/4-Takt abweicht. Das war »Tanzverbot«, das letzte Lied, das wir gerade gehört haben, und dafür haben sich erst ein paar Synapsen öffnen müssen. Aber ich bin dir noch immer sehr dankbar. Es hat sich voll ausgezahlt!

Die Relationalität von auch beiden und die Dynamik zwischen euch spüre ich besonders bei eurer Single »Hibernation« – da führt ihr eine Art Dialog von der Vergangenheit mit der Gegenwart und erzählt eine Geschichte von Einsamkeit, Verlassenwerden und der gleichzeitigen Sehnsucht nach Geborgenheit. Was hat euch dazu gebracht, dieses Thema zu wählen, und gab es einen speziellen Grund, warum ihr dafür diese dialogische Form gewählt habt?

Pete: Diese dialogische Form ist dann erst im Prozess entstanden. Die meisten Lieder waren eigentlich ohne Gesang, aber Leno hat gesagt: Hey, du musst mehr singen, bitte sing mehr. Und bei »Hibernation« war’s dann so, dass Leno bei der Probe die Idee hatte, auch dazu zu singen. Und so ist der Dialog entstanden, das hat uns gut gefallen. Thematisch stimmt es, dass es viel um Einsamkeit geht und das Verlassenwerden. Ich glaube, das ist auch im Musikvideo gut sichtbar. Wir sind da gemeinsam in diesem engen kleinen Raum. Und dann distanzieren wir uns immer mehr voneinander und zum Schluss ist Leno überhaupt nicht mehr zu sehen. Es ist ein Spiel zwischen Vergangenheit und Gegenwart, wie du eh schon gesagt hast.

Leno: Ich steh’ auch bisschen auf Pop, deshalb wollte ich mehr Gesang haben. Und das ist auch schön, weil wir musikalisch immer mehr zusammenwachsen, je länger wir spielen. Mit der Zeit lernten wir zu verstehen, was die andere Person meint und gut findet.

Von FM4 wurde euer Auftritt beim Popfest 2021 so reviewt: »In diesem Genre, in dem uns in der Vergangenheit meist weiße Hetero-Männer von ihrer Unlust an Liebe und Leben vorgesungen haben, tauchen wir mit Bosna endlich in neue Erfahrungen und Lebensrealitäten ein. Das sind Geschichten über queere Beziehungen, Homophobie, über Rassismus und Ausgrenzung.« Inwieweit sind diese Geschichten auch ein Versuch, sich selbst aus dieser weiß und cis-männlich dominierten Welt loszulösen bzw. daraus zu entfliehen und herauszukommen?

Pete: Ich glaube, es ist nicht nur ein Entfliehen, sondern auch ein Aufzeigen dieser Themen und Problematiken. In der österreichischen Musiklandschaft ist es so, dass sie weiß und hetero-männlich dominiert ist. Es war auf jeden Fall auch ein Wunsch von uns, das aufzubrechen. Dass es sehr wenige BIPOC-Personen in diesen Rock-Genre auf der Bühne gibt, das ist natürlich auch ein großes Thema und eine große Problematik. Es ist interessant, dass FM4 das geschrieben hat. Ich find’s schön, dass sie das geschrieben haben, und auch wichtig. Aber wenn du dir dann das Line-up anschaust, ist es wieder genau dasselbe – derselbe weiße, männliche Einheitsbrei.

Wobei, es steht dort in diesem Artikel ein Zitat von dir: »Ich find’s schön, dass es heuer ein diverseres Line-up gibt«.

Pete: Das stimmt, dass ich das beim FM4-Interview gesagt habe. Es war ein bisschen diverser, aber trotzdem könnte es noch diverser sein! Wenn du dir dann anschaust, wer auf den großen Bühnen spielt und wer auf den kleinen, dann sieht du denn Unterschied. Wer bekommt die Präsenz, wer bekommt den Raum und das Publikum? Das sind dann doch immer wieder dieselben.

Leno: Ich war nicht dabei! Dora (Anm. De Goederen von Dives, Schapka) hat mich am Popfest vertreten.

Ich wollte mit der Frage auf Kontexte zu sprechen kommen, die etwas weniger cis-männlich dominiert sind. Deshalb versuche ich die Frage nun etwas anders zu formulieren: Wen hättet ihr denn gern als Publikum? Ist es euch wichtig, in queeren Kontexten aufzutreten, in denen eure Geschichten auch besser verstanden werden? Und was bedeutet es dann für euch, am Popfest zu spielen, wo das Publikum weniger spezifisch ist?

Pete: Also für mich ist es immer wichtig, dass ein »breit gefächertes« Publikum da ist. Ich möchte nicht nur auf queeren Partys oder Festivals spielen, oder auf Festivals, wo ich weiß, dass ich immer diesen Safe Space habe. Es ist zwar angenehm, aber manchmal möchte ich auch meine Komfortzone verlassen und mich mit den Problematiken auseinandersetzten, die es gibt. Das ist sind dann halt auch die Reaktionen, die während oder nach dem Live-Spielen passieren. Ich find es wichtig auch an Orten zu spielen, an denen dieses weiße, männliche Publikum auch ist, und vor Leuten zu spielen, die das vielleicht nicht verstehen.

Die ganze Sendung lässt sich bei Res. Radio nachhören:

Diese Sendung von O-Sounds wurde gefördert durch Stadt Wien Kultur (MA7) und die SKE. Die nächste Sendung mit Lan Rex wird am 17. Oktober 2021 um 17:00 Uhr auf Radio Orange 94.0 ausgestrahlt. Das Archiv der Sendung befindet sich im Cultural Broadcasting Archive: https://cba.fro.at/series/o-sounds

Home / Musik / Artikel

Text
Johann Redl

Veröffentlichung
17.10.2021

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