Twinni (A 2003)
Irgendwo in Niederösterreich. Ein kleiner Ort, irgendwann Anfang der 80er Jahre. Jana ist 13, also mitten in der Pubertät und die war in den 80er auch nicht leichter als heute. Eine Familie aus Wien – Mutter mit zwei Töchtern – zieht nach der Trennung der Eltern aufs Land zu Omi. Der Vater weilt in Amerika, heißt es. Von einer der Freundinnen erfährt Jana, dass ihr Vater allerdings eine Freundin und ein Kind hat. Sie wendet sich der Kirche und dem Pfarrer zu, wird allerdings auch von diesem enttäuscht, als sie dahinter kommt, dass er ein Kind hat. Allmählich wird es eng im Dorf, Jana fährt nach Wien, um den Vater zu treffen, vergeblich. Im Dorf lebt auch noch Florian, der auf Jana steht. Auf einer Fete kommen Florian und Jana endlich zusammen und teilen einen Twinni – das zum Eis gewordene Symbol einer Zeit.
Eine nette, harmlose Sommerkomödie, in der alle auftauchenden Probleme ganz einfach gelöst werden, aufkeimende Konflikte im Dorf – Jana will ministrieren! – sind dann doch nicht so schlimm und werden in der Handlung nicht ausgeführt. Und auch die Absenz des Vaters tritt irgendwann einfach in den Hintergrund und scheint nicht mehr so wichtig zu sein.
Ulrike Schweigers »Twinni« ist kein Problemfilm, sondern will eher die Stimmung einer Zeit vermitteln: Grobgemusterte Tapeten, der wackelige Renault R4, die Umhängtasche in der Form eines Turnschuhs und so weiter.
»Wir wollten erzählen, in welchem Umfeld man damals aufgewachsen ist. Welchen Restriktionen man unterliegen musste, wie groß damals die Autoritätsfaktoren waren«, sagt Ulrike Schweiger über ihren Film.
»Twinni« arbeitet mit dem Wickie-Slime-und-Piper-Effekt und ist somit ein Film für alle Thirty-Somethings, die als Teenager La Boum gesehen haben und vielleicht sogar in Sophie Marceau verknallt waren. Das Twinni-Eis gibt es übrigens immer noch, außer den Kindern der 80er Jahre erinnert sich heute aber keine Sau mehr an No Bros. Warum auch. Dass die Hauptdarstellerin Diana Latzko (Jana) Sophie Marceau sogar ein bisschen ähnlich sieht, macht dieses entspannende Kinoerlebnis noch eine Spur angenehmer. Die verklärte Erinnerung ist schließlich oft die schönste – und dann schmelzen sogar die Harten dahin wie ein Twinni in der Sommersonne.
Ab 29. August in den heimischen Kinos.
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Only The Strong Survive (USA 2002)
Auf die Spuren von Rhythm & Blues-Sängern begibt sich P.D. Pennebakers Musikfilm und stellt sich dabei die Frage, was aus den Stars früherer Tage wurde. Es kommen zu Wort und zu Gesang: Mary Wilson von The Supremes, Sam Moore von Sam & Dave, der inzwischen über 80jährige Rufus Thomas und seine Tochter Carla und viele andere mehr.
»Ich bin gesegnet«, sagt Sam Moore irgendwann und schaut zurück in die Vergangenheit, auf ein Leben, das ihn nicht nur als Star gesehen, sondern auch in die Rolle des Drogenabhängigen und Dealers gesteckt hat. Aber Moore schaut auch in die Zukunft. Als ihm Kumpel Isaac Hayes ins Ohr flüstert, er müsste noch etwas tun, sagt der Gesegnete: »Ich habe noch einen Soul-Man in mir – einen noch.« Und lässt auf der Bühne auch heute noch die Sau und das Herzblut raus.
»Diana Ross war das hässlichste Mädchen, dass man sich vorstellen kann«, sagt
Wilson Pickett um hinzuzufügen: »Ich habe keine Ahnung, warum sie heute so schön ist.« »Only The Strong Survive« ist ein Film, der einen liebevollen Blick auf eine Musikszene wirft, die wie eine große Familie da steht – anschauen und mit dem Fuß wippen!
Ab 15. August in den heimischen Kinos.
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Grabgeflüster (GB/USA 2002)
Auch dieser Film könnte als Untertitel die Frage tragen, ob nur die Starken überleben. Irgendwo in Wales `64: Der schüchterne Boris verpasst beim Schulball die Gelegenheit Betty zum Tanz aufzufordern – sie ist das Mädchen, das er mag. Dreißig Jahre später treffen einander die beiden wieder, weil ihre Schweigermutter gestorben ist und er Leichenbestatter geworden ist. Bis diese Liebe mit Verzögerung beginnen kann, sind allerlei Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen – unter anderem auch Betty. Das soll heißen, dass ihr Tod vorgetäuscht wird, was zu allerlei skurrilen und lustigen Szenen führt.
Der Blick auf britische Kleinbürgerlichkeit fehlt dem Film nicht, wenngleich sich Regisseur Nick Hurran etwa im Vergleich zu Mike Leigh in diese Richtung eher zurückhält. Zwei Details, die gefallen: Im Hintergrund, manchmal auch im Off, sterben die Bewohner des Kaffs, die aktuelle Einwohnerzahl wird jeweils auf die Ortstafel geschrieben.
Die Figuren sind – wie meist bei britischen Filme – hervorragend besetzt, Brnda Blethyn, die man auch schon unter der Regie von Mike Leigh sehen konnte (»Secrets & Lies«), ist Betty. Alfred Molina mimt den verträumten Leichenbestatter Boris. Ein ironischer Film zwischen Eros und Thanatos, der zeigt, dass nicht immer nur die Harten durchkommen; und dass irgendwann alle sterben müssen, ist sowieso klar.
Ab 22. August in den heimischen Kinos.
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