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»Na putu -Zwischen uns das Paradies«

In Jasmila Zbanic' problematischer Beziehungsgeschichte wird die plötzliche religiöse Bekehrung eines Partners zur Zerreißprobe für die Liebe.

Luna und Amar sind ein Paar im heutigen Sarajevo, das einander leidenschaftlich liebt. Und auch wenn Amars (Leon Lucev) Alkoholkonsum das gesundheitlich zuträgliche Pensum überschreitet, bleibt er Lunas (Zrinka Cvitesic) Traummann. Sorgen macht sie sich aber schon um ihn. Ganz besonders als er seinen Job verliert (Kaffee mit Schnaps ist kein adäquates Erfrischungsgetränk für einen Fluglotsen im Dienst). Luna ist auch wenig begeistert als ihm Bahrija, ein ehemaliger Kriegskamerad, Arbeit verschafft. Denn Bahrija ist Wahabit, Anhänger einer erzkonservativen Form des Islam. Amar macht sich über die strengen Glaubensvorschriften zunächst lustig, doch nach einiger Zeit an seinem neuen Arbeitsplatz hat er sich verändert. Dem Alkohol hat er abgeschworen, er vertieft sich in religiöse Traktate, er betet regelmä&szligig. Kurz: Er hat sich bekehrt. Mit den ehemals gemeinsamen Freunden kann er nichts anfangen, Lunas Familie brüskiert er, indem er sich als Moralapostel aufspielt.

Liebe ist nicht genug 

Jasmila Zbanic schildert in »Na putu« nicht in erster Linie die Geschichte einer religiösen Wandlung, sondern geht der Frage nach: Was bedeutet es für eine Liebesbeziehung, wenn einer der Partner seine Weltanschauung radikal ändert? Luna, die selbst aus einer liberalen muslimischen Familie kommt, kann den Regeln und Denkweisen der fundamentalistisch ausgerichteten Religionsgemeinschaft nichts abgewinnen. Sie muss sich klar werden, ob sie mit einem Mann, dessen Ansichten und Lebensweise den ihren diametral entgegengesetzt sind, eine gemeinsame Zukunft hat. Entgegen aller romantischen Vorstellungen und dem Kernsatz nahezu aller Religionen könnte das Fazit lauten: Liebe allein genügt nicht.

Der Krieg im Hintergrund

»Na putu« betreibt kein Islam-Bashing. Amar findet in der Zuwendung zu einer bestimmten Ausrichtung von Religion innere Ruhe, Sinn, Gemeinschaft. Luna kann dem Mann, den sie liebt, nicht auf diesem Weg folgen. Diese Geschichte würde auch funktionieren, wenn sich einer der Partner einer anderen radikalen Glaubensrichtung zuwenden würde, meint Jasmila Zbanic in einem Kommentar. »Ich hatte den Islam gewählt, weil er die organisierte Religion ist, mit der ich am engsten vertraut bin«, schreibt die Drehbuchautorin und Regisseurin. In ihrem zweiten Spielfilm (nach »Grbavica«, 2006) thematisiert Zbanic auch die Nachwirkungen des Jugoslawienkrieges, allerdings nicht vordergründig. Der Krieg brachte den Hauptfiguren des Films traumatische Erlebnisse und schwere persönliche Verluste, diese Erfahrungen bilden den Hintergrund jeder individuellen Lebensgeschichte und der Gesellschaft. Der Film zeigt: Trauer und Schmerz sitzen tief. Für Sentimentalität hat Zbanic jedoch nichts übrig.

»Na Putu« Deutschland/Bosnien-Herzegowina/Üsterreich/Kroatien 2010. Regie und Drehbuch: Jasmila Zbanic. DarstellerInnen: Zrinka Cvitesic, Leon Lucev, Ermin Bravo, Mirjana Karanovic, Marija Köhn, Izudin Bajrovic u.a.

Derzeit in österreichischen Kinos

Home / Kultur / Film

Text
Jenny Legenstein

Veröffentlichung
31.01.2011

Schlagwörter

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