Kienzl gibt sich bescheiden: Das »Product« gibt’s ja nur in der Form, weil er endlich den Kopf freihaben wollte. Wie wohl alle Bandmusiker, die einen Laptop haben, hatte auch er ständig an eigenen Tracks gebastelt. Nach getaner Arbeit kann Kienzl nun selber seine Musik wieder als solche wahrnehmen, ohne an die Schnittlisten am Bildschirm zu denken. Dass es ein Album geworden ist, liegt auch daran, dass eine EP das Label gleich viel kostet, aber nicht im gleichen Ausmaß wahrgenommen wird. Die dubbige Elektronik, meist mit Vocals, druckvoll vorwärts und immer ein bisschen finster, würde sich – Stichwort Rockappeal – durchaus auf Festivals beim jungen Publikum zurechtfinden. Mit MC und Kienzl am Cover wäre das sicher möglich, doch das Cover gibt sich elektronisch-abstrakt, der Macher will die »Musik in den Vordergrund stellen – Ich weiß, dass es so funktioniert, aber ich weiß nicht, ob ich da mitspielen will.« Falsche Bescheidenheit zweifelsohne, Kienzl offeriert keine elaborierte Geschichte, die sich gut an Journalisten verkaufen ließe. Seine Einstellung als Musiker wäre geprägt von jugendlichem Trotz als Ausgangspunkt, und obwohl er mittlerweile meint, dass »nur cool sein durch Trotz auf Dauer nicht geht«, will er nach wie vor nicht so sein wie The Prodigy, »wo jemand den Kasperl raushängen lässt und damit die Sache verkörpert.« Vielleicht ist das ebenso wenig nötig wie ein bunteres Cover. Kienzls Produkt besticht durch Eigenständigkeit in einem klar definierten Kontext, durch solide Qualität, die sich beim vielfachen Hören nicht abnutzt. Wie eine gute Rockplatte halt.


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