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Kommissar Bellamy (Bellamy)

Zwei Giganten des französischen Kinos arbeiteten erstmals zusammen: Claude Chabrol filmte mit Gérard Depardieu. Herausgekommen ist ein melancholischer Film mit heiterer Grundnote, Krimi und Familiendrama zugleich.

Am Beginn streift die Kamera über einen Friedhof, es ist ein sonniger Tag, jemand pfeift eine fröhliche Melodie nach einem Chanson George Brassens‘. Die Kamera schwenkt weiter – blauer Himmel, eine Klippe am Meer. Das Idyll erfährt eine Trübung: Am Strand sind ein ausgebranntes Auto und eine verkohlte Leiche zu sehen. Der Friedhof ist jener in der Nähe von Séte, auf dem Brassens begraben liegt. Die genannte Melodie durchzieht Chabrols Film geradezu leitmotivisch. Nebenbei ist das Krimi- und Familiendrama auch eine Hommage an den populären französischen Musiker. Paul Bellamy, die Figur, die Gérard Depardieu verkörpert, ist vage an Inspektor Maigret angelehnt, womit auch Simenon zu Ehren kommt. Ein Krimiplot, der auf ein Whodunnit hinausläuft, darf also nicht erwartet werden.

Ein Porträt Depardieus

Chabrol wollte, laut Presseinfo, mit »Bellamy« eine Art Porträt Depardieus schaffen, kein biografisches, sondern eines, das einige Facetten des Schauspielers beleuchtet, auch stattete der Regisseur die Filmfigur mit ein paar seiner eigenen Eigenschaften aus. Die Crime-Story, ein versuchter Versicherungsbetrug, beruht auf einem tatsächlichen Kriminalfall. Es ist ein letztlich nicht ganz entwirrbares Gespinst aus menschlichen Beziehungen, Täuschung, Betrug mit dem sich Kommissar Bellamy befasst. Das macht er eigentlich nur nebenbei aus Interesse, vielleicht aus Langeweile, denn der bekannte Polizeibeamte aus Paris ist im Urlaub. Mit seiner Frau (Marie Bunel) verbringt er einige Ferienwochen in ihrem Haus im Süden. Seit Tagen schleicht ein Unbekannter ums Haus, verlangt schlie&szliglich Bellamy zu sprechen. Die beiden treffen sich und bald stellt sich heraus, dass der Fremde, dargestellt von Jacques Gamblin, ein polizeilich gesuchter Versicherungsangestellter ist. Bellamy beginnt Erkundigungen über den Fall einzuziehen.

Glück ist kein Verdienst

Inzwischen ist Bellamys jüngere Halbbruder Jacques Lebas (Clovis Cornillac) eingetroffen. Er ist das Gegenteil seines bürgerlichen Bruders. Ist Bellamy die Ruhe selbst, so ist Jacques nervös, aggressiv, unberechenbar, er trinkt zuviel und steht oft auf der anderen Seite des Gesetzes. Bellamy bewegt sich souverän durchs Geschehen, er ist keiner, der sich anbiedert und auch keiner, der sich über andere erhebt. Er kennt die Abgründe menschlichen Handelns, er wei&szlig, dass er nur durch zufällige Fügungen ein glückliches Leben führt. In seinem schwierigen Bruder sieht er ein Spiegelbild seiner selbst. Deswegen triumphiert der Kommissar nicht, wenn er einem anderen auf die Schliche kommt. Glück/Unglück, Freispruch/Strafe sind nicht Folgen eines persönlichen Verdienstes. In meist hellen, sonnendurchfluteten Bildern wird die Geschichte erzählt, die sich ganz gemächlich entfaltet. Es enthüllen sich traurige, glückliche, kuriose Schicksale und eine Tragödie.

»Kommissar Bellamy« R: Claude Chabrol; Frankreich 2009. Mit: Gérard Depardieu, Jacques Gamblin, Marie Bunel, Clovis Cornillac u.a.


Derzeit in österreichischen Kinos

Home / Kultur / Film

Text
Jenny Legenstein

Veröffentlichung
16.07.2009

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