Ich stehe vor genau dem Problem, welches so mancher Rezensent und manche Rezensentin letzten Monat hatte, als es galt, kluge Pop-Schreibe zu Kettcars neuem Album »Von Spatzen und Tauben, Dächern und Händen« zu verfassen. Weggeworfene Anfänge, Unbehagen bei jeder auch noch so abgeschwächter Formulierung. Und ein leichter Unwille bestimmte Kerne dieser Musik zu erfassen und genau abzutrennen. Dafür ist sie zu einzig- und eigenartig.
»Mach immer was dein Herz dir sagt.« lautet eine Zeile aus dem eingangs erwähnten Song, und Kettcar orientieren sich auch in all ihren kryptischen, verschoben-durchdachten Momenten an einem gleich oder ähnlich gearteten Ideal. Was der Großteil des Publikums natürlich dankend und strahlend aufnimmt, auch wenn es manchmal etwas zu aufgesetzt wirkt, um ernst gemeint zu sein. Kettcar halten den Spannungsbogen nicht über die ganze Distanz, aber gegen Ende hin blitzt dann doch wieder eine Idee, ein Song auf, der staunen lässt. Bei mir war das die erste Zugabe, »Ausgetrunken«, die Kettcars Qualität so treffend vereinen konnte: Unvergessliche Textzeilen, ein ganz eigenes, verworrenes Rhythmusgefühl, und zu großen Gefühlen fähiger Indie-Rock mit unverwechselbarer Stimme. Für manch andere vereinte »48 Stunden« eben das, und wieder andere fanden einfach alles toll. (Immerhin hinterließ auch die Vorband Pale einen reichlich unkantig-langweiligen Eindruck.)
Warum also die Bewegung weg von Befindlichkeitslyrik bei Kettcar live funktioniert hat, konnten mir auch die ganzen Fans nach dem Konzert nicht erklären. Warum mittelmäßige Konzerte doch irgendwo auch ein Lächeln verbergen können, auch nicht. Kettcars Anekdoten über ihre immer noch erstaunliche Unbekanntheit und die Missverständnisse, die sie bis jetzt (nicht) nach Wien führten, habe ich immerhin verstanden. Und darüber geschmunzelt. Das was ich dann noch verstehe, ist »Home is where your Kettcar-Album is«.Und wenn das alles ist, okay.