Jens Friebe. Eigentlich eine ziemlich eigenartige Sache. 2004 spaltet sein Debüt »Vorher Nachher Bilder« die Gemeinde jener, die sich noch mit deutschsprachigem Indierock beschäftigen. Einerseits Jubel und Euphorie, ob der unglaublich plastischen Texte, die sich jedem Vorwurf der »Peinlichkeit« elegant entziehen wie es die frühen Tocotronic nicht besser konnten. Andererseits erschüttertes Protestieren gegen diese Jugenzentrum-Befindlichkeits-Lyrik, die ihr innewohnende »Peinlichkeit« und den – sagen wir es ganz offen – oft ziemlich ideenlosen (Techno-)Schlager. Keine Frage, auf welcher Seite ich stand.
Als Herr Friebe letztes Jahr in Wien sein Konzert zu »Vorher Nachher Bilder« gab hat er bewiesen, wie sympathisch diese tolle Platte live umgesetzt werden kann. Wie die Songs dazugewinnen, wenn jemand vor dir steht, der dich anschaut und singt »Ich will nicht, dass du mich trotz meiner Schwächen … Ich will nicht, dass du mich, weil man mit mir über alles sprechen kann … Ich will nicht, dass du mich, weil ich für dich da bin … Ich will, dass du mich willst, weil ich ein Star bin.«. Wie diese Fähigkeit von Jens Friebe, textlich Welten von Nebenan zu verträumen, live zu einer richtigen Entertainerperfektion wird. Ich habe gehofft, dass er nicht daran zerbricht und ein mindestens ebenso gutes Nachfolgewerk hinlegt.
Das war dann »In Hypnose« ohne Frage. Vielleicht etwas direkter, etwas zugänglicher, nicht so trashig wie das Debüt, aber trotzdem eine perfekte Platte, die wieder spaltet. Eine Platte, die noch mal 12 Songs in die Welt schmeißt, die Welt so eigentlich gar nicht gebraucht hat. Manchmal muss man eben die Gefahr auch als Chance begreifen (und hier auch mal Dank an Alfred Hilsberg, der damals den Jens Friebe überhaupt aufgegabelt hat). Jens Friebe ist ein Star. Auf der Bühne gekonnt, charmant, immer gut aufgelegt. Selbstbewusst. Wenn er seine Metaphern ins Publikum schießt, steht dahinter ein Mensch, dem du es zutraust, Sprüche wie »Wie eine Stimme, die beim Tischfußball zu dir spricht: Klapp deine Männchen hoch, den Rest mach ich.« auszusprechen und dabei dieses angesprochene tiefe, gefühlte V.E.R.T.R.A.U.E.N. ernst zu meinen. Jens Friebe hat bei jedem Konzert die richtigen Freunde im Publikum. Ob Tex Rubinowitz diesmal wieder da war, weiß ich nicht. Aber wir waren da. Und ich ärger mich auch nicht, dass er mit »Jede Menge Ziele« mein Lieblingstsück von »In Hypnose« genüsslich ausgelassen hat. Aber wie so oft stand dieses Stück eh als implizites Motto hinter dem Abend: »Und ich hab jede menge Ziele – ihr habt vielleicht mehr / Aber ich hab auch ganz viele, ich verrat sie euch bloß erst hinterher.« Lieber Herr Friebe, gerne. Solange es so großartig klingt wie bisher.