Während die Osbournes endlich flächendeckend beweisen, dass Rocker im Grunde elende Spießer sind und dieses Programm wohl auch die beste Anti-Drogen-Kampagne aller Zeiten ist (wer will schon so enden wie Metal-Zombie Ozzy – sein Black-Sabbath-Frühwerk sei ihm aber unbenommen), geht es mit Jackass in die Vollen. Arschbacken-Piercen, Bee-Kinis, Krabben-Tangas, Stinktier-Küssen, Alligator-Ringen – was soll nun das denn wieder bedeuten?
Das Fight Club Syndrom – authentischer als der real erlebte, körperliche Schmerz ist nichts anderes. Oder dem Treiben liegt einfach die Freude am bedingungslosen Willen zugrunde, sich vollständig und ohne Abstriche zum totalen Trottel zu machen (ach, wie befriedigend kann solches Vorgehen doch oft sein). Der (selbstdefinierte) Idiot ist (wie der Scheitern gleich Kunst-Ideologe) einfach nicht mehr angreifbar und als solcher umfassend vor Zugriffen Dritter gefeit. Nur Menschen mit unzweifelhafter Punk- und Metal-Sozialisation bzw. Trashnerds, die sogar die Familiennamen von Beavis & Butthead kennen, können zu solch bizarren Großtaten fähig sein. Bezeichnend, dass es 2002 dieser Funsport persiflierenden televisionären Parforcejagd bedarf, um Klassiker des US-Hardcore oder »Oh Bondage Up Yours« auf MTV zu hören. Als weiterer Pluspunkt bleibt zu vermelden, dass »Jackass« vollständig selbstproduziert ist und gerade deswegen, unbeleckt von »Format-Entwickler-Teams«, so grotesk erscheint, als hätten die Kids der alten Hexe von Blair doch etwas mehr – wenn auch abseitigeren – Humor als ihre Mama.
Entstanden im Dunstkreis eines Skateboard-Magazins, ist der Cast der »Jackass«-Truppe durchaus auch freaky Sideshow gestählt. Neben Strippern und ehemaligen Artisten sei speziell der Kleinwüchsige Profiskater (!) Weeman erwähnt. Ebenso sind viele der Streiche einfach nicht beschreibbar, sie müssen gesehen werden. Im Gegensatz zu den bekannten »Versteckte Kamera«-Zumutungen, die im Grunde immer im Ärgern Unbeteiligter bestehen (deren eh schon mühsamer Alltag durch die ach so witzigen, mitgefilmten Parkplatz-Verstell-Aktionen noch beschissener gemacht wird), sind die Opfer bei »Jackass« immer die Ausführenden selbst. In aller (schmerzhafter, oder stinkender) Konsequenz, mit aller Lust am Untergang. Situationismus ohne ideologischem Überbau, vulgo Made in U.S.A..
Die Bibel lügt! (Der Teufel höchstpersönlich…)
Groteskerweise ergibt sich bei so manch derbem Spaß dann doch auch eine – implizite – politische Betrachtungsweise. Etwa wenn sich ein Crew-Mitglied in einem offensichtlich »Blacks Only«-Friseurgeschäft just einen Billy Ray Cyrus-Haarschnitt (Mainstream-Countrystar, mit weißer, den Republikanern zuneigender Hörerschaft ausgestattet plus verheerendem VorneKurzHintenLang-Schnitt) verpassen lässt, und dabei mit mulmigem Gesichtsausdruck von den umherstehenden Schwarzen extraschief angeschaut wird. Oder wenn Chris Pontius, im richtigen Leben Stripper, sich im knallroten Teufelskostüm, ein Schild mit der Aufschrift »Keep God Out of California« tragend, vor Filialen fundamentalistischer, christlicher Gemeinschaften aufpflanzt und schließlich wahrhaftig in eine Schlägerei mit einem dieser gar nicht so friedlichen Bibel- wie offenbar Rechtsausausleger verwickelt wird.
Auch ein anderer Punkt ringt dem/r BetrachterIn Hochachtung ab: der Logik des Mediums zuwider gaben die Mannen (hier wird wiederum deutlich, wieso »Idiot« eine männliche Form darstellt) um Johnny Knoxville das erfolgreiche Konzept just am Höhepunkt ihrer Popularität auf. Der aktuelle Kinofilm ist der letzte Schwanengesang. Punkt. Aus. Natürlich, die Revolution ist auch das alles nicht, aber Sie, verehrtes Publikum, werden Tränen lachen.
Selig sind die, die arm sind im Geiste, denn sie werden das Himmelreich schauen (Matthäus 5, 3). In diesem Sinne – viel Spaß im Himmel, Jackasses!!
»Jackass« immer wieder abends auf MTV