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Interferenz-Festival – 17./ 18.2.2006,Stadtwerkstatt Linz

Ein Samstag mit musikalischem Mayhem: Auf dem von Stefan Parnreiter und Wolfgang Ofner organisierten 2tägigen Festival war »extreme« Musik angesagt.

Auch wenn ich nur am Samstag dort war, klingen mir ab und zu noch immer die Ohren und ich bin froh über zwei persönliche Neuentdeckungen. Das an beiden Tagen mit jeweils mehr als 200 Besuchern so ziemlich ans Ausverkauft-Limit gelangte Festival zeigte wieder mal eindrücklich, dass mit ein bisschen gutem Willen, viel Enthusiasmus, Kuriosität und professioneller Arbeit höchst erfolgreich eine Veranstaltung über die Bühne zu bringen ist, bei welcher sich viele Organisatoren wahrscheinlich ordentlich die Finger verbrannt hätten. Hier wurde Noise-geerdeter Drum’n’Bass in beeindruckender Dichte gefahren. Derartiges gerade in einer Stadt wie Linz macht wieder mal klar, wie nahe sich über diverse Umwege und lose Endungen D’n’B und Punk stehen. Hier wie da: Schwarze Kapuzenpullovers rule.

Zum Einstieg gab’s Dub-Querschläger der Schwergewichtsklasse: Das Trio Bernd Breur, Gigi Gratt und Didi Kern breitete unter der sachkundigen Ägide von Sound-Buddha Alex Jöchtl tiefestgelegte Soundpatterns aus. Auch wenn diese Formation zusammenimprovisiert worden war, weil der reguläre Act ausgefallen war: Diese Scorn-mäßigen Bässe und ein Trompetenspiel, das über den Umweg der Black-Secret-Technologies bei Miles Davis andockt, verpassten mir gleich zu Beginn das beste Konzerterlebnis seit Langem. Ein echter Glücksfall. Wenn sich da noch ein zweiter Schlagzeuger finden würde, könnte diese Formation in einiger Zeit die Electronic-Dub-Weltherrschaft übernehmen. Ein noch namenloses Soundmonster geilster Sorte, mit Schwitz- und Scherzgarantie.

Danach spielten die heimischen Noise-Breakcore-Knochenbrecher 1Bomb1Target. Nach ihren beiden letzten 7“-VÖs waren meine Erwartungen hoch. Indes: Man konnte sich wohl nicht so richtig entscheiden, relativ strukturlosen Electronica-Lärm oder doch auf eine Revitalisierung des Ilsa-Gold-Schmähs zu machen. Konnte mich leider nicht überzeugen, klang etwas zu beliebig.

Highlight Nummer Zwei an diesem Abend: Aaron Spectre aus den USA. Black Metal im Megamix von D’n’B: Eine Sache, die so neu nicht ist. Es gibt aber wohl wenige Acts, wo die jeweiligen Referenzsysteme mit so viele Energie und Spielwitz gegeneinander crashen. Spectre schwitzte wahrscheinlich auf seinen rudimentären Sample-Kisten mehr als das eh schon ziemlich energetisch tanzende Publikum. Ein Handwerker, wie man es in Zeiten wie diesen nur noch selten zu sehen bekommt. Das perfekte Headbanging gab’s bei seinen Meterlangen Dreadlocks gleich dazu. Für das Konzert von Aaron Spectre am 7. Juli im WUK gilt: Hinkommen, Pflichtprogramm.

Die folgenden Servants of the Apocalyptic Goat Rave feat. Sickboy bekommen allein schon wegen ihres echt crazy Bühnenoutfits eine lobende Erwähnung. Der eine hat eine Maske auf, als wenn Darth Vader zu viel gehörnte Musik gehört hätte während der andere mit einem wallendem B-Movie-Dracula-Cape und einer Gesichtsmaske a la Catwoman auf Speed angetan ist. Aufrichtigen Metallern wären wahrscheinlich bei dieser Band sämtliche Haare bis nach Norwegen hochgestanden. Trash as trash can be: Diese durchgeknallte Kombination aus Black Metal und D’n’B war von der Inszenierung ein echter Brüller, währenddessen ihre Rotterdam-Gabba-Kaskaden eher durch gehobene Beiläufigkeit glänzten.

Den Abschluss machte der deutsche Laptopper Death.Sitcom. In vergleichsweise zahmer Manier wurden relativ überschaubare und vorhersehbare Techno- und D’n’B-Versätze gefahren. Nachdem die Besucher auf die beiden vorherigen Sets mehr oder weniger durchgetanzt hatten, lieferte Death.Sitcom live zu wenig Stoff, um diese Stimmung halten zu können. Etwas Verwirrung herrschte, als er seinen regulären Set beendet hatte und das Publikum schlicht nach mehr verlangte. Die darauffolgende Improvisationssession war solide, leider wurde die nicht Chance genutzt, einem ziemlich dankbaren und durchaus tanzwütigen Zuhörerschaft so richtig einzuheizen. Augenzeugenberichten zufolge war dann gegen frühem Morgengrauen Schluss mit lustig.

Die von Ofner/ Parnreiter initialisierte Serie »Interferenz« kann somit auf einen gelungenen Einstieg zurückblicken. Weitere »Interferenz«-Veranstaltungen all over Austria sind für den Sommer schon geplant. Schau’n Sie bald wieder rein, denn etwas Noise muss sein: www.interferenz.at

Home / Musik / Konzert

Text
Heinrich Deisl

Veröffentlichung
27.03.2006

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