»Identities«, Wiens »biennales Queer Film Festival«, feiert heuer sein 20-jähriges Jubiläum. Der runde Jahrestag wird vor allem mit Vielfalt – gezeigt werden rund 90 internationale Produktionen -, zahlreichen Österreichpremieren und mehreren DJ-Lines (vor allem in der Schikaneder Bar)begangen. Am Eröffnungsabend ist etwa »Albert Nobbs« von Rodrigo Garcia zu sehen. Glenn Close spielt darin einen Butler im Irland des 19. Jahrhunderts, der in Wahrheit eine Frau ist. Sehenswert ist der Film vor allem wegen der mehrfach preisgekrönten Schauspielerleistung.
Es geht weiter am 7.6., unter anderem mit »Weekend« von Andrew Haigh, ebenfalls ein mehrfach preisgekrönter Film, der als »eine der schönsten Liebesgeschichten des letzten Jahrzehnts« geadelt wurde. Hinzugefügt werden muss, dass es um eine Lovestory unter Männern geht. Der südafrikanische Psychothriller »Skoonheid« von Oliver Hermanus zeigt homosexuelles Begehren – vor dem Hintergrund eines repressiven Sozialklimas – als fatale Abwärtsspirale. Der Dokumentarfilm »Unter Männern – Schwul in der DDR« von Ringo Rösener und Markus Stein lotet vor allem die schwule Gegenwart des ehemaligen »Arbeiter- und Bauernstaates« aus. »Kyss Mig« von Alexandra-Therese Keining ist ein lesbischer Spielfilm nach dem Muster verheiratete Frau trifft auf Lesbe, nächstes Kapitel: Identitätskrise. Es ist übrigens nach »Fucking Ã…mÃ¥l« erst der zweite lesbische Spielfilm aus Schweden.
Von Uganda über Deutschland nach Chile
Ein wichtiger Festivalbeitrag ist »Call me Kuchu« von Katherine Fairfax Wright und Malika Zouhali-Worrall. Erzählt wird der Kampf der Lesben- und Schwulenszene Ugandas gegen das homophobe Klima im Land. Völlig unernst hingegen erzählt »Dicke Mädchen« von Alex Ranisch von der Liebe zweier Männer- Muttersöhnchen und Familienvater. Der auch für seinen Titel prämierte Film wurde angeblich mit einem Budget von 500 Euro gedreht. Die Protagonisten von »Freier Fall«, basierend auf autobiographischen Erfahrungen (Regie: Stephan Lacant), sind zwei schwule Polizisten in Deutschland, die unter Mobbing leiden. Den jugendlichen Drang nach sexueller Freiheit, Selbstverwirklichung und -findung im Internet und das Leben in Chile verknüpft »Joven y Alocada« von Marialy Rivas zu einem pulsierenden, lebensbejahenden Kaleidoskop.
Politische Themen
Neben dieser Internationalität fällt auf, dass Politik mit Homosexualität immer wieder thematisch in Zusammenhang gebracht werden, meist in Form eines eher konventionellen Erzählkinos. So etwa »Camminandoverso« von Robert Cuzzillo, die Liebesgeschichte einer Frau, die als bosnischer Kriegsflüchtling nach Italien gekommen ist, oder »Fremde Haut« von Angelina Maccarone, wo eine persische Asylwerberin, die eine männliche Identität annimmt, mit dieser in der deutschen Provinz strandet. Oder »Sharayet« von Maryam Keshavarz mit einer Liebesgeschichte im Iran. Natürlich gehört auch die kleine Meryl Streep- Retrospektive dazu, mit Filmen wie »The Hours«, »Doubt« oder »Silkwood«. Oder »J. Egdar« von Clint Eastwood, mit Leonardo DiCaprio als legendärem FBI-Chef mit panischer Angst vor einem Coming Out.
Auch Sexualität und Alter scheint übrigens ein unausgesprochenes Thema bei »Identities« 2013 zu sein, siehe »I am a woman now« von Michiel van Erp oder »Cloudburst« von Thom Fitzgerald. Dieses Nebeneinander von konventionellem Erzählkino und lebenslustigen Filmspielereien, von dokumentarischen Zugängen und Körperkultkino war immer schon eine Stärke von »Identities«, dasstets für einen regen Publikumsandrang sorgte. Auch heuer gibt es für fast alle Vorstellungen nur noch Restkarten. Also unbedingt via Website informieren.